Die Ich-Pleite

Workation und Klimakrise

Carolina Frank
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Home-Office unter Palmen. Die Klimakrise werden wir so natürlich nie in den Griff bekommen.

Wenn der Mensch, der den Satz „In jeder Krise liegt eine Chance.“ erfunden hat, für jede Wiederholung einen Cent bekäme, wäre er schon Multimilliardär. Aber es muss ja einen Grund geben, dass wir diesen Satz so oft sagen oder schreiben. Vielleicht stimmt er einfach. Nehmen wir nur die Coronakrise. Überfüllte Krankenhäuser, leere Restaurants, Kurzarbeit und Homeschooling. Manche Menschen haben wahrscheinlich heute noch Albträume. Und trotzdem hat uns die Coronakrise auch das Home-Office gebracht. Jetzt muss man für ein Meeting nicht mehr von A nach B fahren.

Man kann auch fliegen. Sicher, das klingt jetzt wie ein Witz. Aber tatsächlich sind im ersten Halbjahr des heurigen Jahres die Emissionen durch den Flugverkehr in Österreich um 39 Prozent gestiegen. Und nicht alle fliegen in den Urlaub. Viele haben auch ihr Home-Office dabei. In einer Studie unter 600 Betrieben in Österreich sollen sich 73 Prozent der Befragten für völlige Ortsunabhängigkeit bei der Arbeit ausgesprochen haben. Bei den Jobneulingen waren es sogar 93. Und wenn man den Wiener Hochnebelwinter kennt, kann man verstehen, dass sich so mancher sagt: Bevor ich mir eine Tageslichtlampe kaufe, schlage ich mein Home-Office lieber gleich unter Palmen auf. Das passiert inzwischen so häufig, dass es dafür sogar ein eigenes Wort gibt: Workation.

Die Klimakrise werden wir so natürlich nie in den Griff bekommen. Ein gutes Beispiel, wie sich die Chance aus der einen Krise nachteilig auf die andere Krise auswirken kann. Aber wer es einmal probiert hat, weiß, dass die Chance, bei der Workation unter Palmen ein funktionstüchtiges WLAN zu finden, so klein ist, dass man unweigerlich die Krise kriegt. Und im nächsten Winter lieber zu Hause bei der Tageslichtlampe bleibt.

 (Die Presse Schaufenster, 1.12.2023)

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