Caritas

Der Suppenbus kommt mit dem Fahrrad

Warme Suppe für Bedürftige: Seit Juni fahren Freiwillige auch mit dem Canisibike durch Wien.
Warme Suppe für Bedürftige: Seit Juni fahren Freiwillige auch mit dem Canisibike durch Wien.Caio Kauffmann
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Um noch mehr Menschen zu erreichen, bringt zusätzlich zum Canisibus jetzt auch das Canisibike Obdachlosen und Bedürftigen jeden Tag eine warme Mahlzeit.

„Normalerweise trinken wir nicht“, sagt die Frau, die ihre Kapuze tief über ihr Gesicht gezogen hat. „Aber heute“, sagt sie und deutet auf ihren Mann, „haben wir Hochzeitstag.“

Darum, sagt sie, haben sie diesmal eine Flasche Weißwein mit. Für nachher, wenn sie die Suppe und das Brot gegessen haben.

Es ist kurz nach 20 Uhr, als bei einem Seiteneingang des Einkaufszentrums in Wien Mitte Suppe ausgeschenkt wird. Bohnensuppe ist es heute. „Allergene: Sellerie, Gluten, Laktose“ steht auf einem Schild. Eine Information wie in einem echten Lokal. Damit die Gäste sich auch so fühlen wie Gäste eben. Denn genau so werden die Menschen genannt, die sich hier um eine Suppe von der Caritas anstellen. Ausgeschenkt aus einem Behälter, der etwa 20 Liter fasst. Und der auf dem Anhänger eines Fahrrads montiert ist.

„Canisibike“ steht auf der Konstruktion, die ein Student aus Lausanne als Diplomprojekt entworfen hat. Und das die Caritas Wien um die Materialkosten von ihm gekauft hat. Ein Anhänger, der von einem E-Bike gezogen wird. Und der seit Juni täglich in Wien unterwegs ist, um Obdachlose und Bedürftige mit einer warmen Mahlzeit zu versorgen. Als Ergänzung zum bereits bekannten Canisibus. Um noch mehr Menschen erreichen zu können die die Hilfe brauchen.

Wenn die Mindestpension nicht reicht

„Es sind nicht nur Obdachlose“, sagt Ben. Der 27-jährige TU-Student ist einer von rund 140 Freiwilligen, die einige Stunden ihrer Zeit zur Verfügung stellen. Und er erzählt, dass auch immer wieder Pensionisten sich um eine Suppe anstellen, die mit ihrer Pension nicht mehr durchkommen. Auch Jugendliche seien immer wieder dabei – meist unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.

Die Caritas kann diese Beobachtung auch in Zahlen gießen. Lag der Anteil an Mindestpensionisten, die sich um eine Suppe anstellten, 2007 noch bei etwa sieben Prozent, so sind es heute schon rund 22 Prozent. 18 Prozent der Gäste beziehen Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld. Und auch die Beobachtung, dass mehr Junge kommen, kann die Hilfsorganisation bestätigen – der Anteil der unter 25-Jährigen hat sich in den vergangenen fünf Jahren fast verdoppelt.

„Guten Morgen“, sagt einer der Gäste. „Haben Sie auch Schokolade?“ Florian, ein zweiter Freiwilliger, im Hauptberuf Umwelttechniker, reicht ihm Suppe. Danach bekommt der ältere Mann noch ein Sackerl Kekse. Es sind keine tiefgreifenden Gespräche, die hier geführt werden. Die meisten Gäste holen ihre Suppe, essen sie und gehen. Einige haben ihre Kapuzen ins Gesicht gezogen und weichen jedem Blickkontakt aus.

Es ist wohl die Scham, bedürftig zu sein, auf Hilfe angewiesen. Hilfe, die die Caritas genau deswegen möglichst niederschwellig geben möchte. Rund 90.000 Portionen pro Jahr werden in der Küche in Ottakring hergestellt. Rund 200 Liter Suppe pro Tag werden mit Canisibus und Canisibike ausgeführt. Immer jeweils an derselben Stelle, damit die Gäste nicht lang suchen müssen.

Um 20 Uhr steht das Canisibike bei Wien Mitte, nach etwa 15 Minuten geht es in den Westen von Wien – um 21 Uhr wird bei der S-Bahn-Station Hernals ausgeschenkt. Und dann sind es nur noch wenige Hundert Meter bis zum Caritas-Stützpunkt. Von hier aus geht es am nächsten Tag wieder los. Mit anderen Freiwilligen, die dann mit dem Canisibike quer durch Wien fahren. Und Suppe für jene bringen, die es brauchen. Und es ist egal, ob die Gäste dann eine Flasche Weißwein dabeihaben. Ob Hochzeitstag oder auch nicht.

Spendenkonto: Caritas der Erzdiözese Wien,
IBAN: AT47 2011 1890 8900 0000, BIC: GIBAATWWXXX

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