Gröden

Die Sternstunde eines Ski-Riesen

Der Amerikaner, der über die Kamelbuckel flog: Bryce Bennett hängte auch Speed-Dominator Aleksander Aamodt Kilde ab.
Der Amerikaner, der über die Kamelbuckel flog: Bryce Bennett hängte auch Speed-Dominator Aleksander Aamodt Kilde ab. Getty
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Der erste Abfahrtssieger des Winters heißt überraschend Bryce Bennett. „Ich musste erst all die Zweifel loswerden.“

St. Christina/Wien. Bryce Bennett sticht heraus wenn man den Blick über die Zielräume des Skiweltcups streifen lässt. Allein wegen seiner mächtigen Statur, 2,01 Meter groß, über 100 Kilogramm schwer, aber auch weil er gerne viel redet und viel lacht. Ganz besonders in Gröden. Zwei Podestplätze hat der 31-jährige Kalifornier in seiner mittlerweile zehnjährigen Weltcupkarriere bisher eingefahren, beide waren Siege, beide gelangen sie auf der Saslong, im Dezember 2021 und eben am Donnerstag zum Auftakt des diesjährigen Gröden-Triples (Super-G am Freitag, zweite Abfahrt am Samstag, je 11.45 Uhr, live ORF eins, Eurosport). „Ich bin am Morgen aufgewacht und musste erst all die Zweifel loswerden, die ich irgendwie mit mir herumgetragen habe“, erklärte Bennett.

Ein Hundertstelkrimi am Ende, auf planmäßig verkürzter Strecke, und wieder einmal mit einem Überraschungssieger. Trotz Bennetts bekannter Gröden-Expertise, denn zu schwach waren die Ergebnisse des US-Amerikaners zuletzt gewesen, zu wenig überzeugend auch seine jüngsten Trainingsfahrten. Doch mit der hohen Startnummer 34 hat er seine Chance genutzt, auf einer Piste, die ihm auf den Laib geschneidert scheint.

Die Kunst des Wellenreitens

Jahrelang fuhr Bennett BMX-Rennen, ein Grund, wieso er die Buckeln und Wellen von Gröden nicht nur spielerisch wegsteckt, sondern dort auch noch beschleunigt. „Ich weiß genau, wie ich auf Terrain Speed generieren kann, wo andere denken, dass du dort nicht schnell sein kannst“, sagt er. Die langen Beine des Zwei-Meter-Hünen helfen außerdem, nur selten verlor er in den Schlüsselstellen der Saslong überhaupt den Bodenkontakt. Geschmeidig glitt er etwa über die Ciaslat-Wiese, der Oberkörper ruhig, die Balance nie in Gefahr.

Auch weiß Bennett die amerikanische Erfolgsgeschichte von Gröden im Rücken, hier ist Team USA Stammgast auf den Spitzenplätzen, allein Ex-Teamkollege Steven Nyman, dessen Servicemann Leo Mussi nun für Bennett wachselt, gewann drei Mal die Abfahrt. „Ich bin in der Früh zur Gondel gegangen und habe mich einfach wohl gefühlt“, erzählte Bennett. „Dieser Ort bringt mich mental in eine gute Stimmung.“

Gerade in Gröden profitiert Bennett, ob seiner Statur „Big Bird“ gerufen, auch von den vielen Tiefschneetagen seiner Jugend. Seine Mutter arbeitete im Skigebiet Squaw Valley, der Vater war Telemark-Profi .„Mein ganzes Leben hat sich immer darum gedreht, wer von der höchsten Klippe springt“, erzählt Bennett.

In Gröden segelte er nun über die Kalembuckel. „Ich hatte einen guten Plan, war voller Selbstvertrauen und habe gespürt, da ist etwas möglich. Bevor ich mich aus dem Starthaus katapultiert habe, habe ich mir gedacht, das ist mein Hügel, hier schlage ich zu. Es macht Spaß, die Saison auf diese Art zu starten. Heuer möchte ich wirklich so weitermachen und die gesamte Saison konkurrenzfähig sein. Weil wenn ich die Abfahrtskugel gewinne, wird man mich nie wieder sehen. Schuhe aus im Ziel, in den Flieger, Fischerboot, Mexiko.“

Mit Kampflinie raste Aleksander Aamodt Kilde hinter Bennett auf Rang zwei – und damit standesgemäß in die Favoritenrolle für den ersten Super-G des Winters am Freitag. Auch beim Norweger gilt: „Dass die Saslong zu meinen absoluten Lieblingsstrecken gehört, ist kein Geheimnis. Der Schnee, die vielen Sprünge und der Flow vom Start bis ins Ziel sind etwas ganz Besonderes“, schwärmte Kilde.

WM-Pläne

Mit Bennets Überraschungscoup hat nach zahlreichen Absagen nun auch für die alpinen Speed-Asse der Winter begonnen. Beste Werbung also für Gröden und die WM-Kampagne der Südtiroler, die sich für die Ausrichtung der Ski-Weltmeisterschaften 2029 bewerben. Die Rivalen sind Soldeu in Andorra und Narvik in Norwegen, die Entscheidung fällt beim nächsten FIS-Kongress im Juni 2024.

Abfahrt Gröden: 1. Bryce Bennett (USA) 1:23,80 Min. 2. Aleksander Aamodt Kilde (NOR) +0,03 Sek. 3. Marco Odermatt (SUI) +0,05. Weiters: 4. Allegre (FRA +0,13 5. Crawford (CAN) +0,32 6. Babinsky (AUT) +0,36 17. Kriechmayr (AUT) +0,61 28. Hemetsberger (AUT) +0,94.

Das erste Training für die Damen-Abfahrt in Val d‘Isere (Samstag 10.30 Uhr, ORF eins) ist wegen heftigen Schneefalls abgesagt worden.

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