Junge Forschung

Die Katastrophe am Bildschirm simulieren

Der globale Temperaturanstieg lässt Andreas Buttinger-Kreuzhuber um künftige Generationen bangen.
Der globale Temperaturanstieg lässt Andreas Buttinger-Kreuzhuber um künftige Generationen bangen.Clemens Fabry
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Die Folgen des Klimawandels macht Andreas Buttinger-Kreuzhuber sichtbar: Der Modellierungsexperte zeigt, wie Dörfer bei Hochwasser überflutet werden könnten.

Spätestens wenn man Vater sei, beginne man in größeren zeitlichen Perspektiven zu denken, stellt Andreas Buttinger-Kreuzhuber fest. Er ist Senior Researcher und Modellierungsexperte am Forschungszentrum für Virtuelle Realität und Visualisierung (VRVis) in Wien. Sein Sohn ist mittlerweile ein Jahr alt und mit ein Grund dafür, dass sich der Wissenschaftler sorgenvolle Gedanken über die Zukunft macht. Gedanken, in denen der Klimawandel eine zentrale Rolle spielt. Mit einer der Folgen des globalen Temperaturanstiegs befasst sich der 34-Jährige im Rahmen seiner Forschung besonders intensiv: der Häufung von Extremwetterereignissen. Starke Regenfälle, die Flüsse über die Ufer treten lassen und zu ausgedehnten Überschwemmungen führen, kommen in Mitteleuropa doppelt so oft vor wie noch vor 100 Jahren.

Hochwasser-Szenarien eruieren

Buttinger-Kreuzhuber hat sich bereits in seiner Doktorarbeit an der TU Wien damit befasst, wie man solche Naturkatastrophen und deren Folgen effizient am Computer simulieren kann. Die Ergebnisse flossen unter anderem in das Projekt „Hora 3.0“ ein, bei dem das Institut für Hydrologie der TU mit der Forschungsgruppe Integrated Simulations am VRVis zusammenarbeitete. „Es ging darum, die Überflutungsflächen für ganz Österreich zweidimensional und zeitabhängig zu berechnen und darzustellen“, erklärt der Forscher. Die Staatsfläche Österreichs wurde dabei in rund 20 Milliarden Bildpunkte (Pixel) unterteilt, und für jeden einzelnen Punkt wurden die Wasserstände für unterschiedliche Hochwasser-Szenarien mithilfe spezieller numerischer Methoden eruiert. „Normale Computer würden daran mehrere Jahre lang rechnen“, sagt Buttinger-Kreuzhuber. „Durch eine effiziente Numerik und eine Implementierung auf Grafikkarten haben wir es in wenigen Wochen geschafft. In dieser Auflösung und Geschwindigkeit war das damals weltweit einzigartig.“

»Man kann miterleben,
wie hoch das Wasser
an der Fassade im Falle einer Überschwemmung reicht.«

Mittlerweile gibt es das Folgeprojekt ­„Hora 3D“, an dessen Entwicklung Buttinger-Kreuzhuber maßgeblich beteiligt war. „Hierbei handelt es sich um eine optimierte visuelle Aufbereitung des Datenmaterials“, sagt der Forscher. Eine im Internet (hora.gv.at) abrufbare interaktive Landkarte für Naturgefahren zeigt unter anderem, welche Auswirkungen Hochwasserereignisse auf ein Haus oder auf eine Siedlung haben. Fast wie in einem Film lässt sich beobachten, wie der Wasserpegel steigt und fällt. „Man kann eine Adresse eingeben und in 3-D miterleben, wie hoch das Wasser an der Fassade im Falle einer Überschwemmung reicht“, schildert der Experte [siehe Video (c) VRVis].

„Es ist schon eindrucksvoll, wenn man sieht, dass das Wasser beim eigenen Heim im Extremfall bis zum Fenster reichen könnte. ­,Hora 3D‘ zeigt Hochwasser-Hotspots auf, und es lässt sich damit das Hochwasserrisiko für jedes Gebäude in Österreich abschätzen.“ Der nächste Schritt werde sein, Sicherungsmaßnahmen wie z. B. den Bau von Rückhaltebecken virtuell vorwegzunehmen und deren Auswirkungen auf das Überflutungsgebiet zu untersuchen.

Österreich ist gut aufgestellt

Generell sei Österreich in Sachen Hochwasserschutz sehr gut aufgestellt, urteilt Buttinger-Kreuzhuber. Man müsste aber freilich aktiv werden, um die Zahl an Unwetterkatastrophen nicht noch weiter steigen zu lassen. „Eine Reduktion der Schadstoffemissionen und der Bodenversiegelungen gehören zu den wichtigsten Maßnahmen gegen den Klimawandel.“ Forschungsprojekte am VRVis befassen sich auch mit den Auswirkungen von stadtgestalterischen Maßnahmen auf das Mikroklima und auf das Leben in Ballungsräumen angesichts der prognostizierten steigenden Temperaturen.

Seine Freizeit verbringt Buttinger-Kreuzhuber oft in der Natur. „Ich finde Ausgleich zur Arbeit beim Laufen oder gehe mit meiner Partnerin klettern. Auch der Sohn ist mit von der Partie und kraxelt schon über größere Steinbrocken“, berichtet er. Und er erinnert sich an die Zeit, als er selbst noch ein Kind war: Hochwässer, die er nunmehr wissenschaftlich beleuchtet, hat er damals selbst erzeugt – in kleinem Maßstab, mit Dämmen aus Steinen und Ästen im Bach.

Zur Person

Andreas Buttinger-Kreuzhuber (34) wuchs im oberösterreichischen Innviertel auf und studierte Technische Mathematik an der TU Wien. In seiner Dissertation optimierte Buttinger-Kreuzhuber numerische Methoden zur Modellierung von Hochwasser- und Starkregenereignissen. Seit 2021 ist er am VRVis als Senior Researcher beschäftigt.

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