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Besuch bei den Berggorillas

Zu Besuch. Kein Gitter, aber Maskenpflicht: Berggorillas ohne Zoo verstrahlen diese unglaubliche Ruhe. Berggorilla-Reisen: wilderness
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Zu Besuch. Kein Gitter, aber Maskenpflicht: Berggorillas ohne Zoo verstrahlen diese unglaubliche Ruhe. Berggorilla-Reisen: wilderness destinations.comReuters/Staff Photographer
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Sind sie weise? Unverständig? Acht Menschen räuspern sich.

6.30 Uhr Abfahrt, Berggorillas haben einen geregelten Tagesablauf. Idealerweise trifft man sie bei der Vormittagsruhephase. Der genaue Zeitpunkt des Dates ist unklar, sie bewegen sich kontinuierlich. Im Regenwald des Volcanoe Nationalparks in Ruanda sind 22 Gorillagruppen an die Anwesenheit jener je acht Menschen gewöhnt, die 1500 Dollar hinlegen, um sie in ihrem natürlichen Habitat eine Stunde lang zu sehen. Sie haben keine Influenza-Antikörper. Ein Veterinärteam betreut die Population, um sie, etwa mit Antibiotika, von Menschenkrankheiten abzuschotten.

Verhaltensvorschriften: 1) Kein Streicheln. 2) Bitte Mund-Nasen-Schutz. „Sprechen Sie Gorillisch?“, fragt der Guide in die Runde. Unsere Verwandten pflegten sich als Zeichen des Wohlwollens dunkel gurgelnd zu räuspern. Diese Beruhigungslaute sollen nun auch wir ausstoßen - for safety reasons. Während des Aufstiegs durch Matsch und durch per Machete zerhacktes Unterholz wird unisono probegeräuspert.

Ein Trupp einheimischer Späher gibt über Funk bekannt: „Gorillagruppe Sabyinyo geortet!“ Nach Tracking und Trekking steht unvermittelt das erste Exemplar vor uns. Der Nachwuchsaffe erhebt sich auf zwei Beine, sieht mich durchtrieben an (ich räuspere mich verlegen), trommelt auf seine Brust und schwingt sich in den Busch. Maskiert und flüsternd arbeiten wir uns zur Lichtung vor. Der Clanchef, 32 Jahre, verstrahlt buddhistische Würde. Er öffnet das Maul - schwarze Zähne, meine Zahnärztin würde Mundhygiene einfordern. Der Zweitgrößte ist 18, mit Glatze und Beule, Gebiss allerdings perfekt. Er hebt den Arm. Chorprobenhaft stoßen wir gemeinsames Geräusper hervor. Der Glatzige räuspert zurück. Geschmeichelt? Pflichtbewusst?

Bald vergesse ich zu fotografieren. Ich beobachte, mit welcher unglaublichen Ruhe sie Bambus knacken, schälen, vertilgen, sich gemütlich auf Zweige betten, gähnen. Uns Menschen beobachten sie aus schwarz-rötlich schimmernden Augen mit mäßigem Interesse, sie zahlen ja nichts dafür. Einmal wirken sie weise, dann wieder total unverständig. Ich kenn das. Ist ja bei den meisten Familientreffen so.

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