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Wer will die „Kronen Zeitung“ kaufen?

Ein Bild aus harmonischeren Tagen 2017: René Benko mit Ehefrau Nathalie, Eva und Christoph Dichand.
Ein Bild aus harmonischeren Tagen 2017: René Benko mit Ehefrau Nathalie, Eva und Christoph Dichand.Picturedesk/Starpix
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Die Signa-Gruppe stößt ihre stark abgewerteten Anteile an „Krone“ und „Kurier“ ab. Vor allem die Dichands sollen sich dafür interessieren.

„Der Todfeind des Journalismus ist der Konjunktiv“, sagt Kommunikationswissenschafter Matthias Karmasin von der Universität Klagenfurt. Aber der Konjunktiv ist der beste Freund der Spekulation. Und ohne diese kommt man nicht aus im Fall „Kronen Zeitung“ und der Signa, wo es viel um Macht und Möglichkeiten, Geld und Formulierungen geht. Wie am Dienstag bekannt wurde, muss René Benkos Signa Holding im Zuge ihrer milliardenschweren Insolvenz auch ihre Medienbeteiligungen verkaufen. Das sind rund 25 Prozent an „Krone“ und „Kurier“. Die hält die Signa allerdings nicht direkt, sondern über 49 Prozent an der WAZ Ausland Holding der deutschen Funke-Gruppe. Ihr wiederum gehören 49,44 Prozent am „Kurier“ und 50 Prozent an der „Krone“. Die restlichen 50,56 Prozent des „Kurier“ sind im Besitz von Raiffeisen, die andere Hälfte der „Krone“ hält die Familie Dichand. Beide sollen Interesse an einem Kauf haben. Weder „Krone“-Eigentümer und -Chefredakteur Christoph Dichand noch Raiffeisen wollten das der APA gegenüber kommentieren.

Rund 80 Millionen Euro soll Benko 2018 für die Anteile an die Funke-Mediengruppe gezahlt haben. Beim mächtigen Kleinformat war man erbost über den plötzlichen Einstieg. Publizistisch schoss die „Krone“ scharf gegen den „Immo-Jongleur“. Benkos Anteile, zuletzt mit 90 Mio. bewertet, sind nun stark abgewertet worden, auf 45 Mio., wie auch der „Standard“ berichtete.

Sanierer mit beschränktem Einfluss

Politischer Einfluss in der „Krone“, wie sich ihn Heinz-Christian Strache einst erträumte, nun zum Schnäppchenpreis? Mitnichten. Die Familie Dichand gibt den Ton an im mächtigen Kleinformat. Die Goldesel-Zeit ist vorbei. „Krone“ und „Kurier“ leiden unter der Medienkrise. In der gemeinsamen Mediaprint ist Sanierer Michael Tillian im Einsatz, wenn auch mit beschränktem Einfluss: Er hat kein Zugriffsrecht auf die „Krone“-Redaktion und kann dort niemanden kündigen.

Ein Verkauf könnte das Patt zwischen den beiden 50-Prozent-Eigentümern auflösen. Von einem „dichten juristischen Einsatz“ zwischen den beiden Parteien spricht Karmasin diplomatisch. Denn der Streit zwischen den Hälfteeigentümern beschäftigt die Gerichte inzwischen jahrzehntelang. Funke versuchte etwa ab 2019 juristisch die Entlassung von Christoph Dichand als Chefredakteur durchzusetzen – erfolglos.

Die Funke-Gruppe blockiert seit dem Geschäftsjahr 2018/19 den vertraglich vereinbarten Vorabgewinn für die Dichands, der sich jährlich auf rund zehn Mio. Euro belaufen dürfte. Jenen von 2018/2019 sprach laut „Standard“ ein Schiedsgericht der Familie zu. Die Folgejahre stehen noch aus – ihre Höhe würde sich ungefähr auf den Betrag summieren, mit dem Signas „Krone“-Anteile nun bewertet wurden. Die Dichands, so heißt es aus der „Krone“, hätten jedenfalls gern mehr Macht im eigenen Haus. Deshalb würden sie gern die Anteile erwerben, die einst der im Streit mit Hans Dichand ausgeschiedene „Krone“-Mit-Neugründer Kurt Falk an die WAZ verkauft hatte.

Die Verlegerfamilie könnte mit Raiffeisen gemeinsame Sache machen. Denn die Signa hat dort Schulden in Milliardenhöhe offen und könnte so zumindest einen kleinen Teil davon ausgleichen. Der Fortbestand der Mediaprint soll angeblich zur Debatte stehen.

„Schizophrene Situation“ möglich

Allerdings sind die Verträge zwischen Signa und Funke sowie die mit den Dichands nicht offengelegt, gibt Karmasin zu bedenken. Hier kommt der Konjunktiv ins Spiel: Man kann davon ausgehen, dass die Funke-Gruppe ein Vorkaufsrecht an den Signa-Anteilen hat. Welche Motivation hätte sie, diese angesichts der durchaus konfliktreichen Geschichte zurückzukaufen? „Funke hatte diese Situation jahrelang – und hat sich entschieden, sie nicht zu prolongieren“, sagt Karmasin. „Warum auf den Zustand ex ante zurückkehren?“ Wohl nur, um sie als Paket jemand anderem zu verkaufen – so es Interessenten gibt.

Allerdings sind die Anteile auch für die Familie Dichand möglicherweise nicht ganz so attraktiv, wie man vermuten könnte. In den Konsortialverträgen könnte festgehalten sein, dass das Stimmverhalten zwischen Funke und Benko akkordiert sein muss. Nichts anderes lässt Benkos Stimmverhalten in der Vergangenheit vermuten: Es stand stets im Einklang mit Funke. Eine „schizophrene Situation“ könnte so für die Familie Dichand entstehen, wenn sie mit den neuen Signa-Anteilen anders stimmen müsste als mit den „alten“ aus Hans Dichands Erbe. Möglicherweise gar gegen sich selbst. Ob das der Fall sein könnte, hängt von jedem Wort im Vertrag ab.

Im schlimmsten Fall, wenn die Sanierung der Signa scheitert und sich kein Käufer findet, fallen diese Medienbeteiligungen in die Konkursmasse. Sie ist zu Geld zu machen und auf die Gläubiger zu verteilen. 

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