Gulag

Das Buch des Jahrhunderts

Alexander Solschenizyn verarbeitete in „Archipel Gulag“ seine eigenen Erfahrungen.
Alexander Solschenizyn verarbeitete in „Archipel Gulag“ seine eigenen Erfahrungen. Getty Images/Laski Collection
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Alexander Solschenizyns Buch „Archipel Gulag“, vor 50 Jahren erschienen, ist hochaktuell. Die russischen Straflager entlarven das System als Diktatur, auch heute. 

Vor 50 Jahren wurde die wichtigste Abrechnung mit der sowjetischen Schreckensherrschaft veröffentlicht: Alexander Solschenizyns Buch „Der Archipel Gulag“, der Bericht über die Hölle des russischen Lagersystems, erschien Ende Dezember 1973 im Westen. Mitten in die Vorbereitungen zu diesem Artikel über das repressive System der Vergangenheit platzte eine Nachricht, die die Diskussion um die russischen Straflager wieder aktuell machte: Der wegen „Extremismus“ verhaftete Kreml-Kritiker Alexej Nawalny war aus einem Gefängnis in der Nähe von Moskau in eine Strafkolonie etwa 60 Kilometer nördlich des Polarkreises verlegt worden. Die Bedingungen im entlegenen Straflager IK-3, genannt „Polarwolf“, gelten als unmenschlich, wegen des Dauerfrosts, der ständigen Finsternis, der Isolation. 2500 Kilometer Entfernung schienen dem gegenwärtigen russischen Machthaber offenbar gerade richtig, um den prominenten Gegner während des gerade anlaufenden Präsidentschaftswahlkampfs von der Bildfläche verschwinden zu lassen.

„Aus einem Totenhaus“

Wie einst Solschenizyn (1918–2008) fasziniert Nawalny wegen seines Mutes, seines Kampfs um seine Rechte, seiner beißenden Kritik an dem autoritären Regime und der menschenverachtenden Ideologie, damals war es der Stalinismus, heute ist es der Putinismus. Beide Dissidenten sind fast allein, sie sind Intellektuelle, die in die unwirtlichsten Gebiete des Riesenreichs verschickt wurden, ein Disziplinierungsmittel, das schon bei den Zaren seit dem Ende des 16. Jahrhunderts verwendet wurde. Aus der Feder von Fjodor M. Dostojewski stammt die erste literarische Beschreibung der russischen Katorga, des Lagersystems in Sibirien. Er hat es selbst erlebt, es war eine einschneidende Zäsur in der Biografie des Dichters. In „Aufzeichnungen aus einem Totenhaus“ (1859) zeichnet er die Innenansicht des Sträflingsbewusstseins, nüchtern, unspektakulär, ohne emotionale Beteiligung.

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