Nach Machtwechsel

Polens neue Regierung lässt Biennale-Beitrag für 2024 austauschen

Bartłomiej Sienkiewicz ist Polens neuer Kulturminister.
Bartłomiej Sienkiewicz ist Polens neuer Kulturminister. Imago / Damian Burzykowski
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Der neue polnische Kulturminister hat den von der PiS-Regierung ausgewählten Beitrag zur bevorstehenden Biennale von Venedig austauschen lassen – zugunsten eines ukrainischen Kollektivs.

Als „Lieblingsmaler der Rechten“ bezeichnet die polnische Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ den Künstler Ignacy Czwartos. Ursprünglich hätte er Polen auf der diesjährigen Biennale in Venedig vertreten sollen, nach dem Machtwechsel in Polen wurde eben dieser Plan von der neuen Regierung unter dem liberalen Premier Donald Tusk nun vereitelt. Man habe „die Wettbewerbsverfahren für das Ausstellungsdesign im Rahmen der 60. Internationalen Kunstausstellung in Venedig im Jahr 2024 analysiert und sich mit den Meinungen und Stimmen der Gemeinden vertraut gemacht“, hieß es dazu von Seiten des recht frischen Kulturministers Bartłomiej Sienkiewicz nach vermehrter Kritik innerhalb der Kunstszene.

Ausgewählt hatte Czwartos’ Beitrag noch die nationalkonservative PiS-Regierung, die während ihrer Amtszeit auch die progressiveren Museumsleiter durch konservative Direktoren ersetzt hatte. Die Wahl des Projekts für den polnischen Pavillon wurde nicht zuletzt deshalb vielerorts als ideologischer Abschiedsgruß der rechten Regierungspartei gewertet.

Narrativ der nationalen Opferrolle

Czwartos’ Werk trägt den Titel „Polnische Übungen in der Tragödie der Welt: Zwischen Deutschland und Russland“, es konzentriert sich auf die von Russen und Deutschen an Polen begangenen Gräueltaten und umfasst 35 Einzelwerke. Darunter ein Gemälde, auf dem die deutsche Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel und Russlands Präsident Wladimir Putin durch ein flammendes Andreaskreuz – das so die Form eines Hakenkreuzes ergibt – verbunden sind. Die Darstellung hatte innerhalb der polnischen Kunstszene Kritik auf sich gezogen, wegen ihrer Anlehnung an das Narrativ von Polen als ewiges Opfer. In einem Protestschreiben wurde der Widerspruch zum diesjährigen inklusiven Thema der 60. Ausgabe der Biennale beklagt („Fremde überall“). Czwartos hat indessen gegen den Austausch Beschwerde eingelegt. „Die Auswahl erfolgte in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Verfahren“, erklärte der Künstler dem „Art Newspaper“, das Vorgehen der Regierung verstoße gegen die geltenden Vorschriften. „Ich empfinde das als Zensur.“

Anstelle der Gemälde von Czwartos wird im polnischen Pavillon nun ein Performance-Video des ukrainischen Kollektivs Open Group gezeigt. In ihrem Film „Repeat After Me“ erinnern sich gewaltsam vertriebene Ukrainer in einem Geflüchtetenlager in Lwiw an den Klang des Krieges, indem sie Geräusche von Luftangriffssignalen, Granaten und diversen Waffen nachahmen. Joanna Warsza, eine der Kuratorinnen des polnischen Pavillons 2022, beschreibt die Auswechslung als „eine große Erleichterung“.

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