Being Kafka (hier vor seinem Prager Wohnhaus, um 1910): Viele Junge vermeinen sich auch heute noch in Kafka wiederzufinden, TikTok zeugt davon.
100. Todestag

Die Welt feiert Kafka, von TikTok bis Tokio

Am 3. Juni 1924 starb einer der einflussreichsten Autoren der Moderne, in aller Welt begeht man das Kafkajahr: „Die Presse“ gibt Wegweiser – von der größten Kafkaschau bis hin zur TV-Serie von Schalko und Kehlmann.

An einem Tag im Jahr 1964 beschließt der amerikanische Schriftsteller Paul Theroux, Franz Kafka in Afrika ein Grab zu schaufeln. Theroux unterrichtet zu dieser Zeit in einem Dorf für Leprakranke und ist bei der Lektüre einer Neuübersetzung von Kafkas Tagebüchern abgestoßen von dessen „morbidem Selbstmitleid“, seiner „Hypochondrie“. Er hebt also ein Loch aus und lässt das Buch darin verschwinden. Dieser symbolische Akt passiert im selben Jahr, in dem Essayistin Susan Sontag in „Against Interpretation“ schreibt, Kafkas Werk sei „zum Opfer einer Massenvergewaltigung“ geworden: Die Interpreten sollten endlich mit dem Deutungswahnsinn aufhören und ihn in Ruhe lassen.

Wahr geworden ist ihre Hoffnung bald 100 Jahre nach seinem Tod nur bedingt. Die posthume Karriere Kafkas als globaler Autor hat kein Ende, davon zeugen nicht zuletzt Millionen Einträge von TikTok-Usern, die meist ihre eigene Befindlichkeit mit Kafka-Zitaten spicken. Gleichzeitig hat sich die besessene Suche nach „dem Schlüssel“ zum Werk Franz Kafkas weitgehend aufgehört. Die Auseinandersetzung mit ihm ist kleinteiliger, vielfältiger, bescheidener und auch verspielter geworden. Doch Kafka bleibt der meistrezipierte und berätselte deutschsprachige Autor der Moderne. Und das mit zu Lebzeiten nur sieben veröffentlichten schmalen Erzählbänden: Bei seinem Tod am 3. Juni 1924 genoss er kaum mehr als lokale Anerkennung, erst mit der Entscheidung seines Freundes Max Brod, gegen Kafkas ausdrücklichen Wunsch nach Vernichtung seines Nachlasses 1925 „Der Prozeß“ und 1926 „Das Schloß“ zu veröffentlichen, begann Kafkas posthume Weltkarriere.

Fast unübersehbar ist dementsprechend das internationale Programm zum Kafkajahr 2024 – „Die Presse“ gibt einige Wegweiser.

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