Buch der Woche

Wenn ein Baby Zeitung liest

Viel und gern Privates erzählt Margit Schreiner auf urkomische und intelligente Weise.
Viel und gern Privates erzählt Margit Schreiner auf urkomische und intelligente Weise.Foto: Alain Barbero/Schöffling & Co.
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In ihrem Erinnerungsbuch „Mobilmachung – Über das Private“ schreibt Margit Schreiner aus der Perspektive eines Babys. Dieses weiß schon erstaunlich viel von der Welt.

Die ersten Wochen und Monate waren die schönsten für mich. Ich hatte viel Platz und schwebte schwerelos wie ein Astronaut durch den Weltraum. (. . .) Später habe ich Ähnliches nur in Hallenbädern erlebt, wo einzelne Geräusche ebenfalls zu einem gleichmäßigen Rauschen verschmelzen. An Kiemen kann ich mich nicht erinnern.“ Mit dem drittem Buch ihrer Erinnerungen, „Mobilmachung – Über das Private“, ist Margit Schreiner nun im Fötus- und frühen Babyalter angekommen und erzählt aus der Perspektive eines Ungeborenen, später Neugeborenen, von dessen ersten Eindrücken. In den beiden Vorgängerbänden beschäftigte sich die Autorin mit ihrer Jugend und Kindheit in Linz, nun spricht das Kind direkt aus dem Mutterbauch und erinnert mit seiner Abgeklärtheit und Naseweisheit an den Oskar Matzerath der „Blechtrommel“.

Günter Grass machte sich ein Vergnügen daraus, einem Neugeborenen die Rolle eines Menschen zu übertragen, dessen „geistige Entwicklung schon bei der Geburt abgeschlossen ist und sich fortan nur bestätigen muss“ (aus „Die Blechtrommel“). Oskar allerdings verweigert sich im Alter von drei Jahren dem Erwachsenwerden, und stellt sein körperliches Wachstum ein. Margit Schreiners Baby-Erzählerfigur scheint das hingegen nicht zu beabsichtigen, philosophiert allerdings schon früh über die Entstehung der Welt und der Arten, und man kann nur staunen, was sie schon alles weiß und worüber sie ihre Überlegungen anstellt. Möglicherweise wussten wir das auch alles schon und haben es nur vergessen?

Das Baby liest einen Zeitungsartikel

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