Russland

Eiseskälte in Moskauer Wohnungen: Putin lässt angeblich Verantwortliche festnehmen

In der Stadt Klimowsk versucht ein Arbeiter eingefrorene Heizungsrohre aufzutauen.
In der Stadt Klimowsk versucht ein Arbeiter eingefrorene Heizungsrohre aufzutauen. Reuters / Evgenia Novozhenina
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Der kalte Winter legt die marode russische Infrastruktur offen. Der Präsident, den Hilferufe aus dem ganzen Land erreichen, hat nun drei Männer verhaften lassen. Sie werden dafür verantwortlich gemacht, dass die Heizungen ausfallen.

Es ist kalt in Russland. So kalt wie seit mehr als 40 Jahren nicht mehr. Für ganz Russland melden die Meteorologen eine abnormale Kälte für Jänner, durchschnittlich bis zu 15 Grad kälter als sonst in dieser Jahreszeit. In Moskau und im Moskauer Umland sind es derzeit zwischen minus 20 und minus 30 Grad.

Das bringt die Infrastruktur an den Rand ihres Funktionierens, in knapp zehn Regionen des Landes zeigt sich ihr Verfall: Wasserleitungen bersten, Heizungen bleiben kalt, der Strom fällt aus.

Nun hat Präsident Wladimir Putin, den Hilferufe aus dem ganzen Land erreichen, drei Männer verhaften lassen. Sie sollen die Schuldigen sein, dass südlich von Moskau die Wohnungen eiskalt bleiben. Ein Heizwerk in der Stadt Klimowsk, rund 50 Kilometer südlich der russischen Hauptstadt, ist ausgefallen. Dieses Heizwerk gehört zu einer privat geführten Munitionsfabrik. Sowohl der Leiter des Heizwerkes als auch der Chef der Fabrik wurden festgenommen. Auch der Vize-Gouverneur der Region wurde verhaftet. Er hat die technische Überprüfung des nun defekten Heizwerkes vor dem Winter abgesegnet. Die Munitionsfabrik soll jetzt übrigens verstaatlicht werden.

Feuer vor dem Haus

In manchen Wohnungen funktioniert gar nichts: weder Heizung noch Gas. Die Menschen sind in dicken Jacken und Mützen zu Hause, machen Feuer vor der Haustür. Die Treppenhäuser sind voller Eisschichten, Freiwillige verteilen Federbetten und bringen etwas Warmes zu essen. Manche, bei denen geheizt wird in der Wohnung, bieten Schlafplätze für Bedürftige an. Schulen schließen, Krankenhäuser werfen ihre Generatoren an. In den sozialen Netzwerken häufen sich die Hilferufe.

Mit diesen Spezialöfen wird auf Moskaus öffentlichen Plätzen geheizt. Man kann darauf auch kochen.
Mit diesen Spezialöfen wird auf Moskaus öffentlichen Plätzen geheizt. Man kann darauf auch kochen.Reuters / Evgenia Novozhenina

Der russische Präsident befasst sich – natürlich öffentlichkeitswirksam – mit dem Problem der vereisten Wohnungen. Gouverneure der entsprechenden Regionen müssen ihre Berichte bei ihm abliefern, Putin verspricht Besserung, am Tag darauf zeigt das Staatsfernsehen, wie Heizungen wieder anspringen. Putin kümmert sich für gewöhnlich ungern um „niedere“ Angelegenheiten, überlässt Schwierigkeiten mit der Versorgung, der Infrastruktur, den hohen Preisen seiner Regierung. Er gibt sich gern als der große Außenpolitiker, der das Land vor bösen Feinden drumherum rettet. Was sind da schon kalte Heizungen?

Präsidentenwahl in März

Doch im März will er mit großem Zuspruch der Bevölkerung zum sechsten Mal im Amt bestätigt werden. Da kommt es schlecht an, wenn die Bevölkerung bibbert und unzufrieden die „Willkürherrschaft“ anprangert, zumal so nah an Moskau. Es waren vor allem die Menschen in den Städten rund um die Hauptstadt, die in den Neujahrsferien – in Russland dauerten sie bis 9. Jänner – froren.

Das Problem der maroden Infrastruktur rührt noch aus der Sowjetzeit. Die von Korrosion befallenen Eisenrohre werden zwar nach und nach durch robustere Plastikrohre ersetzt, aber zu langsam. „Auch in zwei Jahrzehnten alles zu erneuern, ist unmöglich“, heißt es selbst aus dem Kreml. Zudem wächst die Hauptstadt rasant. Am Rande entstehen neue Wohnsiedlungen, Einkaufszentren, Stadien. Angeschlossen werden sie an alte Rohre und Stromnetze. Der Belastung bei tiefen Temperaturen halten diese nicht stand und bersten. Werden elektrische Geräte eingeschaltet, um für Wärme in den Häusern zu sorgen – zumal in den Ferien, wenn die meisten Menschen zu Hause bleiben –, bricht auch schnell das Stromnetz zusammen. (zoe, hart)

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