Präsidentenwahl

Wahlen in Taiwan: China-Skeptiker Lai gewinnt, Wiedervereinigung für China „unausweichlich“

Die Präsidentenwahlen in Taiwan sind entschieden.
Die Präsidentenwahlen in Taiwan sind entschieden. APA / AFP / I-hwa Cheng
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Lai Ching-te von der Demokratischen Fortschrittspartei hat die wegweisende Wahl gewonnen. Am frühen Nachmittag gestand die Opposition die Niederlage ein. Die Wahl werde eine Wiedervereinigung mit China nicht verhindern, hieß es aus Peking.

Der Vizepräsident und China-Skeptiker Lai Ching-te, auch bekannt als William Lai, hat die Präsidentenwahl in Taiwan gewonnen. Der 64-jährige Politiker von der Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) kam auf 40,2 Prozent der Stimmen, wie die Wahlkommission am Samstag nach Auszählung von 98 Prozent der Stimmen mitteilte. Sein Widersacher, der von der chinafreundlichen Kuomintang (KMT) aufgestellte Hou Yu-ih, erhielt 33,4 Prozent und räumte seine Niederlage ein.

Somit dürfte Chinas kommunistische Führung den Druck auf Taiwan fortsetzen. Peking zählt die Inselrepublik zum Gebiet Chinas, obwohl Taiwan seit Jahrzehnten eine unabhängige und demokratisch gewählte Regierung hat. Peking, das die für eine Unabhängigkeit Taiwans stehende DPP als separatistisch ansieht, hatte den Kontakt mit Taipeh 2016 eingefroren.

China will weiterhin Wiedervereinigung

Nach dem Wahlsieg Lais meldete sich Peking zu Wort:  China bekräfitgte die „unausweichliche“ Wiedervereinigung mit der in Pekings Augen abtrünnigen Provinz. Die Wahl werde dies nicht verhindern, erklärte der Sprecher des Büros für taiwanische Angelegenheiten in Peking, Chen Binhua, in einer von der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua veröffentlichen Mitteilung am Samstag.  Binhua erklärte, China werde keine „separatistischen Aktivitäten“ auf der selbstverwalteten Insel dulden. „Wir werden uns an den Konsens von 1992 halten, der das Ein-China-Prinzip verkörpert“, hieß es weiter. Auch „ausländische Einmischung“ lehne Peking in diesem Zusammenhang ab.

Noch während der Auszählung am Samstag räumten beide Rivalen ihre Niederlage ein. Der Ausgang der zeitgleichen Parlamentswahl stand zunächst nicht fest. Sie ist für die weitere Entwicklung der komplizierten Beziehung zu China wichtig, das das demokratisch regierte und industriell hoch entwickelte Taiwan als abtrünnige Provinz betrachtet. Die Regierung in Peking hatte Lai vor der Abstimmung als einen gefährlichen Separatisten bezeichnet.

Man habe der Welt gezeigt, wie sehr man die Demokratie liebe, erklärte der 64-jährige Lai in einer ersten Stellungnahme. Das Volk von Taiwan habe erfolgreich einer Einflussnahme von außen widerstanden. Gegen Lai waren Hou Yu-ih von der nationalistischen Kuomintang (KMT) und Ko Wen-je von der Taiwanischen Volkspartei (TTP) angetreten. Die KMT steht für engere Beziehungen zu China, sie dementiert jedoch pro-chinesisch zu sein. Die TTP will auch die Fühler nach China ausstrecken, aber zugleich die Demokratie in Taiwan erhalten. Taiwans bisherige Präsidentin Tsai Ing-wen durfte nach zwei Amtszeiten nicht erneut antreten.

 Lai hat sich für die Erhaltung des Friedens ausgesprochen, eine Fortführung der bisherigen Politik sowie eine Stärkung des Militärs. Das Schicksal der Insel mit etwa 23,5 Millionen Einwohnern ist aufgrund ihrer Rolle in der Halbleiterindustrie von erheblicher Bedeutung für die Weltwirtschaft. So hat dort der weltgrößte Auftragschiphersteller TSMC seinen Sitz.

Parallel entschieden die 19,5 Millionen aufgerufenen Wähler über das neue Parlament, den Legislativ-Yuan, in dem die DPP bisher die absolute Mehrheit hatte. Ein offizielles Wahlergebnis wird für den späten Samstagabend Ortszeit erwartet. Sollte die Fortschrittspartei gewinnen, wäre es ihr dritter Sieg bei Präsidentschaftswahlen in Folge. Die bisherige Präsidentin Tsai Ing-wen darf nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten.

Druck Chinas

Mit dem Wahlergebnis dürfte Chinas kommunistische Führung den Druck auf Taiwan fortsetzen. In der für die globale Schifffahrt wichtigen Meerenge zwischen China und Taiwan, wo das chinesische Militär als Machtdemonstration fast täglich Kampfjets in Richtung der Inselrepublik schickt, könnten die Spannungen daher anhalten oder sogar zunehmen. China will eine „Wiedervereinigung“ der Insel mit dem Festland, notfalls auch mit militärischer Gewalt.

Die Zahl der Wahllokale mit mehr als 23 Millionen Einwohnern war diesmal mit 17.794 so hoch wie nie, wie die Zentrale Wahlkommission mitgeteilt hatte.

Der Status Taiwans, das nur von wenigen und vor allem kleinen Ländern als unabhängig anerkannt wird, ist auch einer der Hauptkonfliktpunkte zwischen den USA und China. Taiwan ist seit 1949 selbstverwaltet. Damals besiegten die Kommunisten von Mao Zedong im chinesischen Bürgerkrieg die nationalistischen Kuomintang unter Chiang Kai-shek, die sich daraufhin auf die Insel Taiwan zurückzogen und dort jahrzehntelang autoritär herrschten. Viele Staaten unterhalten mit Rücksicht auf die Volksrepublik China keine formalen diplomatischen Beziehungen zu Taiwan. Die USA brachen sie 1979 zugunsten Chinas ab. Die USA unterstützen das Land jedoch mit militärischer Ausrüstung. Wirtschaftlich hat Taiwan wegen der dort ansässigen Halbleiterindustrie Bedeutung. So hat dort der weltgrößte Auftragschiphersteller TSMC seinen Sitz.

Die 19,5 Millionen Wahlberechtigten sind auch aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. Dieses umfasst 113 Sitze. Der größte Teil der Abgeordneten wird direkt gewählt, der kleinere Teil der Sitze über Stimmen für die Partei festgelegt. Sowohl für die direkte Wahl der Abgeordneten als auch die des Präsidenten reicht eine einfache Mehrheit. Der neue Präsident tritt sein Amt am 20. Mai an. (APA/dpa)

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