Zu „Candide“ im Musiktheater an der Wien

Das bestmögliche Stück für die gar nicht beste aller Welten

Übel dran: Nikola Hillebrand als Kunigunde und Matthew Newlin als Candide.
Übel dran: Nikola Hillebrand als Kunigunde und Matthew Newlin als Candide.Werner Kmetitsch
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Voltaires Romanvorlage für Leonard Bernsteins opernhaftes Musical ist eine der stärksten Satiren der Ideengeschichte. Ist auch ihr Schluss nur Spott oder doch ein Glücksversprechen?

Candide war nicht nur für Leonard Bernstein ein Schmerzenskind: ein unaufführbares Stück, das wir gar nicht oft genug aufführen können. Schon wegen Bernsteins wunderbarer Musik, auch wenn sie wie die namensgebende Hauptfigur ein Bastard ist, das Produkt einer Mesalliance zwischen Musical und komischer Oper. Kunigunde, das Schätzchen Candides, muss in ihrer großen Arie heikle Koloraturen und Spitzentöne bewältigen, sollte dabei aber eine Show abziehen wie ein Broadwaystar. Am ärmsten ist aber eine Regisseurin dran, die ernsthaft versucht, die haarsträubende Handlung mit ihren zahlreichen weltumspannenden Schauplätzen nachvollziehbar auf die Bühne zu bringen.

Dieses Musical, befand Loriot, „ist das einzige seiner Art, dessen genaue Inhaltsangabe – rasch vorgetragen – ebenso lange dauert wie das Musical selbst“. Der Großmeister des kultivierten Humors lieferte geistreiche Zwischentexte für konzertante Aufführungen, aber ohne ihn können uns solche nicht glücklich machen. Am ehesten haben sich halbszenische Lösungen bewährt. Für die geplante szenische Inszenierung, wenn auch mit Erzähler, gratulieren wir Lydia Steier und dem Musiktheater an der Wien zum Mut. Ganz gelingen könnte es wohl nur in der besten aller möglichen Welten, und in der leben wir leider nicht.

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