Belvedere

Küssen vor Klimts „Kuss“ am Valentinstag – sind Sie sicher?

Klimt liebe die Frauen - aber nicht nur eine!
Klimt liebe die Frauen - aber nicht nur eine! Sandro Zanzinger
  • Drucken

Ein Date vor Klimts Kuss im Oberen Belvedere und dann auch noch professionell fotografiert werden dabei – abgeschmackter geht es nicht mehr. Aber besser kann man die Mona Lisa Österreichs nicht melken. Den Verliebten sollte nur eines dabei klar sein: Als Ikone der ewigen Zweierbeziehung taugt das Bild nicht.

„Come for a kiss“, wirbt das Belvedere heuer wieder um Besucher am Valentinstag. Man kann sich den Auflauf vorstellen am 14. Februar vor diesem ohnehin schon völlig überlaufenen Klimt-Raum. Zumindest verlängert man dafür die Öffnungszeiten bis Mitternacht. Vielleicht aber sollte man den Saal trotzdem einmal überdenken und als Selfie-Spot einrichten, allein schon damit die anderen Klimts in dem Raum nicht zu Schaden kommen in dem Geschiebe. Denn der „Kuss“ ist mittlerweile Österreichs Mona Lisa. Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder hat es in seiner Jahrespressekonferenz am Dienstag neidlos so erklärt: Der weltweite Boom rund um Gustav Klimt ist einfach ungebremst und derzeit nicht konkurrierbar. Das macht das Belvedere mittlerweile zum meistbesuchten Museum Österreichs, 1,8 Millionen kamen 2023. Mal sehen, wann die zwei Millionen Marke erstmals überschritten wird.

Braucht es dazu dann tatsächlich noch derlei Valentinstags-Werbeaktionen wie Küssen vor dem Kuss, dabei noch professionell fotografiert? Immerhin nachhaltiger als das Angebot 2022, als man die NFT-Schnipsel vom Kuss als romantische Morgengabe verscherbelte; sie werden nur noch um einen Bruchteil (nicht einmal ein Viertel) ihres konstanten Verkaufspreises 1850 Euro gehandelt. Es ist eben nicht alles Gold, wo Klimt draufsteht.

Und apropos Küssen vor dem „Kuss“, den Klimt selbst „Liebespaar“ genannt hat: Die derart Willigen sollten sich das berühmte Motiv vorher noch einmal gut ansehen. Es ist abgründiger, als sie denken. Nicht nur beim Anblick des Abgrunds selbst, an dem die Frau kniet. Ist die Verschmelzung des Paares zum phallischen Umriss die einzige Rettung für das Paar? Oder bedeutet es vor allem – Genickstarre?

Klimt ist eine faszinierende Gestalt, er schätzte die Frauen wie wenig andere seiner Zeit, er hatte mit Emilie Flöge eine der coolsten Geschäftsfrauen damals an seiner Seite. Nicht als Geliebte, sondern als beste Freundin. Klimt liebte die Frauen einfach zu sehr, um sich zu binden. Treu war er nie. Verheiratet ebenso wenig. Er hatte dementsprechend viele „Gustave“ von vielen Damen, die er zumindest allesamt finanziell regelmäßig bedachte, eine Ausnahme in dieser Zeit. Der Kuss geht also an die Liebe selbst. Als Ikone der ewigen Zweierbeziehung taugt er nicht. Das sollte den turtelnden Pärchen, die sich davor am Valentinstag ablichten lassen wollen, zumindest bewusst sein.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.