Kontrolle

Neue Beschwerdestelle gegen Polizeigewalt startet

Neben Fällen von möglicher Polizeigewalt soll die Stelle auch tödlich endende oder lebensgefährdende Polizeieinsätze prüfen.
Neben Fällen von möglicher Polizeigewalt soll die Stelle auch tödlich endende oder lebensgefährdende Polizeieinsätze prüfen.APA/Tobias Steinmaurer
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Angesiedelt ist die Stelle im Bundesamt zur Korruptionsbekämpfung. Auch gibt es einen Beirat mit Mitgliedern aus unter anderem Ärztekammer, Amnesty International und SOS-Mitmensch.

Die neue Beschwerdestelle gegen Polizeigewalt nimmt kommenden Montag ihren Dienst auf. Mit dieser Neuerung gibt es nun eine zentrale Einheit, die entsprechenden Vorwürfen nachgeht. Bisher haben die Landespolizeidirektionen diese Aufgabe übernommen. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) geht davon aus, dass Vorwürfe rasch und kompetent geklärt werden.

Wesentliches Ziel der Neuerung sei, das ohnehin vorhandene Vertrauen in die Exekutive weiter zu stärken, betonte der Ressortchef. Es gebe kaum eine Organisation, die so unter öffentlicher Beobachtung und Dokumentation stehe wie die Polizei. Bei fast jedem Einsatz filme jemand mit dem Handy mit. Da sei es „durchaus sinnvoll“, dass es eine unabhängige Beschwerdestelle gebe, wo sämtliche Dinge, bei denen sich jemand ungerecht behandelt fühle, sehr rasch geklärt werden können.

Karner ist durchaus bewusst, dass es in der Personalvertretung eine gewisse Skepsis gegeben habe. Die sei aber auch bei Einführung der Körperkameras vorhanden gewesen. Nunmehr würden aber zu den vorhandenen fast 600 rund 3000 weitere ausgeliefert, weil sie eben auch dem Eigenschutz der Polizisten dienten.

Beirat soll beraten

Angesiedelt ist die „Ermittlungs- und Beschwerdestelle Misshandlungsvorwürfe“ (EBM) beim Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK). Damit ist auch die Unabhängigkeit sichergestellt, wie BAK-Direktor Otto Kerbl ebenso wie Karner versichert. Die EBM sei außerhalb des Wirkungsbereichs der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit angesiedelt und damit außerhalb der polizeilichen Hierarchie. Gebe es Weisungen an die EBM, müssten diese schriftlich sein und auch einem neu eingerichteten Beirat vorgelegt werden.

Dessen Aufgabe ist an sich, als qualitätssicherndes Beratungsorgan zu dienen. In Ermittlungen eingreifen kann der Beirat aber nicht. Zu den Mitgliedern gehören etwa Ärztekammer-Vizepräsident Harald Schlögel, die Strafrechtlerin Verena Murschetz, Amnesty-Rechtsexpertin Teresa Exenberger oder Philipp Sonderegger, nominiert von SOS Mitmensch. Geleitet wird der Beirat vom ehemaligen Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Meinrad Handstanger.

300 Beschwerden im Jahr

Das Personal für die EBM hat man zu 80 Prozent bereits zusammen. Die Mitarbeiterzahl ist im mittleren zweistelligen Bereich. Dabei gab es auch Neuaufnahmen von außerhalb der Exekutive, etwa mit psychologischer und sozialwissenschaftlicher Expertise. Angesehen werden sollen nämlich auch Phänomene wie „Cop Culture“ und Korpsgeist. Dieses geplante Fixpersonal musste auch einen einschlägigen Lehrgang durchlaufen, der die Schwerpunkte Freiheits- und Menschenrechte, Einsatztraining, Kriminalistik und Psychologie hatte.

Ob sich die Zahl der Beschwerdefälle durch die neue zentrale Stelle erhöht, wollten weder Karner noch Kerbl einschätzen. In den vergangenen Jahren waren es meist gut 300 bei rund 25.000 Zwangsmittelanwendungen.

Neben Beschwerden über Polizeigewalt wird sich die Stelle auch Zwangsmittelanwendungen mit lebensgefährlichem oder tödlichem Ausgang widmen. Dabei geht es um Einsätze, wo ein Exekutivbeamter Waffengewalt einsetzen muss. Strafrechtliche Vorwürfe anderer Art gegen Polizisten bleiben im Bereich der Landespolizeidirektionen. (APA)

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