Buch der Woche

Das harte Pflaster von Casablanca

Lässt ihre Protagonistin genüsslich lästern: Meryem Alaoui, geboren 1975.
Lässt ihre Protagonistin genüsslich lästern: Meryem Alaoui, geboren 1975.Foto: Francesca Mantovani, Editions Gallimard
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Schonungslos berichtet eine Sexarbeiterin in Meryem Alaouis Roman „Pferdemund tut Wahrheit kund“ aus ihrem Alltag in Casablanca – und ergreift eine seltene Chance. Poetisch, politisch und grandios erzählt.

Man muss nicht weit hineinlesen in dieses Buch, um zu verstehen, was das Patriarchat bedeutet. Neben vielen heftigen Szenen ist es eine kleine, mit einem Augenzwinkern, die höchst entlarvend wirkt. Dschmiaa, Mitte 30, lebt als Sexarbeiterin in Casablanca. Eines Tages macht sie einen Ausflug mit einem Kunden, den sie eigentlich gut leiden kann. Mit dabei sind auch dessen zwei Kumpane. An einer Tankstelle wird Pause gemacht. Zu dritt veranstalten die Männer ein Wettpinkeln, danach ein Wettspucken. Dschmiaa klatscht zur Musik aus dem Autoradio, um die drei anzuspornen. Sie weiß, wie man mit Männern umgehen muss, um sich durchzuschlagen in einer Welt, in der es um die Rechte von Frauen nicht gut bestellt ist.

Böses Erwachen nach Flitterwochen

Freiwillig ist Dschmiaa nicht zu ihrem Job gekommen. Schuld war ihr eigener Ehemann. In den hatte sie sich mit 17 verliebt („Er hatte tonnenweise Haare, und sie waren so dunkel wie Schwarzkümmel . . . ich weiß, dass der Kümmel tief in meine Augen eingedrungen ist“). Zuerst hatte ihre Mouy (Mutter) sie eindrücklich vor ihm gewarnt, sie dann aber sogar zur Heirat bewegt, um keine vorehelichen Eskapaden zu riskieren. Doch schon nach den Flitterwochen und dem Umzug nach Casablanca stellte sich dieser Hamid als Nichtsnutz heraus, der keiner geregelten Arbeit nachging, das ganze Geld versoff, Haschisch rauchte und Dschmiaa schließlich zur Prostitution zwang. Die Szene, in der er einen Mann ohne Vorwarnung in die Wohnung mitbringt, abhaut und der Mann Dschmiaa schließlich vergewaltigt, ist heftig, wie sehr vieles in diesem Buch.

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