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KTM-Chef Pierer: „Wohlstand ohne Leistung ist ein Traum und endet in einem Alptraum“

IV Oberösterreich-Chef Stefan Pierer fordert von der Regierung eine Reparatur des Wirtschaftsstandorts.
IV Oberösterreich-Chef Stefan Pierer fordert von der Regierung eine Reparatur des Wirtschaftsstandorts.Roland RUDOLPH
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Hohe Lohnsteigerungen, Rezession und anhaltende Inflation setzen die heimische Industrie unter Druck. Besonders das Industriezentrum Oberösterreich ist betroffen. KTM-Chef und IV Oberösterreich-Präsident Stefan Pierer fordert deshalb Maßnahmen gegen den wirtschaftlichen Abstieg.

Das vergangene Jahr war für viele Industrieunternehmen mehr oder weniger zum Vergessen. Rezession, Inflation, und am Ende kam dann noch als Draufgabe ein üppiger Lohnabschluss von durchschnittlich 8,6 Prozent. Österreich drohe im internationalen Wettbewerb unter die Räder zu kommen, warnt die Industriellenvereinigung (IV). Stefan Pierer, KTM-Chef und IV Präsident in Oberösterreich, fordert nun eine politische Wiedergutmachung. Der teils auch von der Regierung angerichtete Schaden am Wirtschaftsstandort müsse repariert werden.

Pierer rechnet, dass im September der Nationalrat gewählt wird und womöglich erst in einem Jahr eine neue Regierung feststehen wird. Dies würde „bestenfalls Stillstand“ bedeuten, schlimmstenfalls noch weitere Wahlzuckerl und höhere Staatsschulden, sagte Pierer bei einer Pressekonferenz am Freitag in Linz.

Standort „am Pannenstreifen“

Die Industrie präsentiert sich sehr unterschiedlich. Während die Bauindustrie leide, gehe es etwa der Flugzeugindustrie gut. Auch die Autoindustrie weise stabile Daten auf, wenn auch der Angriff chinesischer Hersteller vor der Tür stehe. IV-Oberösterreich-Generalsekretär Joachim Haindl-Grutsch sieht den Wirtschaftsstandort „am Pannenstreifen mit eingeschalteter Warnblinkanlage“. Hohe Inflation, hohe Lohn- und Energiekosten hätten das ihre dazu beigetragen. Fazit: „Die großen global aufgestellten Leitbetriebe verlagern ihre Investitionen ins Ausland“, sagt Pierer. Sorge mache er sich um die Klein- und Mittelbetriebe, die ihre Kosten nicht in günstigere Standorte im Ausland verlagern können. Er rechnet mit einer steigenden Zahl an Insolvenzen. So sei etwa die Lage für Gießerei-Unternehmen in Österreich dramatisch. Diese Unternehmen seien unter den aktuellen Rahmenbedingungen „fast nicht mehr haltbar“, sagt Pierer und fordert: „Wir müssen in Europa unsere Lieferketten erhalten.“ Neben der Produktionsverlagerung führe der Kostendruck zu einer „erzwungenen Innovation“ im Bereich Digitalisierung und Künstliche Intelligenz.

Pierer betont aber auch, dass mit ein wenig politischem Willen „einiges möglich wäre“. Von einem Abgesang auf den Wirtschaftsstandort Europa wolle er nicht sprechen. Denn es fehle nicht an Chancen und Möglichkeiten, sondern vor allem an der Einstellung. „Wohlstand ohne Leistung ist ein Traum und endet in einem Alptraum“, sagt Pierer. Die Politik müsse aufhören, Teilzeitarbeit attraktiver zu machen. Hingegen müsse Vollzeitbeschäftigung steuerlich begünstigt werden - etwa mit einem Steuerfreibetrag. Wer über das Regelpensionsalter arbeiten möchte, dürfte dafür nicht steuerlich bestraft werden.

Erbschaftssteuer „hochgefährlich“

Auch die Dauerdebatte über die Einführung einer Erbschaftssteuer hält Pierer für „hochgefährlich“. Mehr als 50 Prozent der Industrie entfalle auf Familienunternehmen. „Geld ist beweglich“, warnt Pierer. Natürlich fehlte in Pierers „Reparaturanleitung“ die Forderung nach Senkung der Lohnnebenkosten nicht. Ihm sei noch immer nicht klar, warum die Wohnbauförderung und die Familienbeihilfe über die Lohnabgaben finanziert werden. Die Lohnrunde bezeichnet Pierer als „größte Steuererhöhung des Jahres“. Größter Profiteur sei der Finanzminister.

Aber natürlich gebe es auch positive Rahmenbedingungen, die es zu verteidigen gilt. Pierer hob die duale Ausbildung, die Forschungsprämie und die von der Kontrollbank abgesicherten Exportkredite hervor. „Die Lehre gewinnt an Attraktivität“, sagt der KTM-Chef und verweist auf sein eigenes Unternehmen. Ein Drittel der Lehrlingsbewerber haben Matura. Die Lehre nach der Matura sei ein Erfolgsmodell. Unternehmen, die Lehrlinge ausbilden, sollten eine Bildungsprämie erhalten.

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