Theaterkritik

„Die Verwandlung“ im Akademietheater: Ein leuchtender Albtraum, in dem Kafka atmen darf

Kafka in Farbe - mit Gregor Samsa im knallorangen Herrenrock.
Kafka in Farbe - mit Gregor Samsa im knallorangen Herrenrock.Marcella Ruiz Cruz
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In einer hypnotisierenden Inszenierung nach Kafkas berühmtester Erzählung verbinden sich starke Bildsprache und ein kluger Umgang mit dem Text.

Eine „Musterkollektion von Tuchwaren“ und das Bild einer Dame mit Pelzhut, Pelzboa und Pelzmuff – das sind die ersten Gegenstände in seinem Zimmer, auf die in Kafkas Erzählung der Blick von Gregor Samsa fällt, gleich nachdem er „aus unruhigen Träumen“ erwacht ist und seinen neuen Körper, den eines „ungeheueren Ungeziefers“, erblickt hat. Kafka-Freunde werden leicht erraten können, welche Farben bei der Beschreibung dieser Gegenstände zum Einsatz kommen: keine. Es gibt nur wenige Autoren, die so sehr mit Farben geizen wie der in anderen Bereichen, etwa Gesten, so detailfreudige Kafka. Kafka-Verfilmungen haben ebenso wie Kafkas eigene Zeichnungen weiter dazu beigetragen, die Vorstellung des farblosen Kafka zu zementieren.

Ganz anders nun im Beitrag des Wiener Akademietheaters zum Kafkajahr 2024, der am 20. Jänner Premiere hatte. Ein knalloranger Herrenrock an Gregor Samsas Körper (er ist zum Buckel hochgezogen, so wird der Panzer zumindest frei zitiert). Wände, Möbel und Accessoires in diversen giftig-grellen Farben, Gesichter in Gelb und Lila: Mehr Farbe geht kaum als in Pia Maria Mackerts Bühnenbild zur „Verwandlung“. Mackert hat sich vor allem vom expressionistischen Maler Ernst Ludwig Kirchner inspirieren lassen – ein seiner Ästhetik nachempfundenes Bild der Samsa-Familie hängt hier auch an der Wand von Samsas Zimmer. Neben den Expressionisten lassen auch die Surrealisten grüßen (die sich früh für Kafka begeisterten).

In Hollywood würde man hier den Exorzisten rufen

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