Kleiderkunst

Vom Robo-Baby bis zur Ode an den Knopf: Der Spagat der Pariser Haute Couture

Das Roboterbaby auf dem Laufsteg von Schiaparelli wurde sofort zur Social-Media-Sensation. „Schiapar-Alien“ war das Mot du jour.
Das Roboterbaby auf dem Laufsteg von Schiaparelli wurde sofort zur Social-Media-Sensation. „Schiapar-Alien“ war das Mot du jour.
  • Drucken

Die Haute Couture gilt als die Spielwiese ungezügelter Fantasie, wird aber auch an die Superreichen verkauft. Zwischen Kostümierung und edler Kleiderkunst changieren auch diesmal die Schauen in Paris.

Es ist wohl eine Grundsatzentscheidung: Möchte man den Geschmack einer extrem vermögenden Klientel bedienen, etwa aus dem Mittleren Osten oder Ostasien, oder möchte man sich primär ins Gespräch bringen, um bei anderer Gelegenheit Geldtaschen und Parfum besser zu verkaufen. Einst wie jetzt legten zumindest manche Maisons ihre Haute-Couture-Schauen in erster Linie als Werbespektakel an, während andere durchaus „tragbare“ (das Wort ist allerdings in den Sphären des Modeolymps mit Vorsicht zu genießen) Entwürfe über den Laufsteg schickten.

Vom Technoschrott zur Haute Couture: So geht das bei Schiaparelli.
Vom Technoschrott zur Haute Couture: So geht das bei Schiaparelli.Schiaparelli

Im Hause Schiaparelli hat Daniel Roseberry seine Entscheidung längst getroffen: Den Esprit der „surrealistischen“ Couturière Elsa Schiaparelli weiterhin hochhaltend, hat der Designer es geschafft, die von Diego Della Valle wiederbelebte Marke (einst galt sie als „Sleeping Beauty“) anhaltend ins Gespräch zu bringen - und sie zu einer der favorisierten Brands von Superstars bei ihren Auftritten auf roten Teppichen zu machen. Gerade bei den Haute-Couture-Schauen scheint es kleine Laufsteg-Knüller da und dort zu brauchen: Diesmal sorgte Roseberry für Gesprächsstoff, indem er Model Maggie Maurer zur „Mutter“ eines Robo-Babys machte, besetzt mit Schaltplatten und Kristallen, das sie über den Laufsteg trug. Vor einem Jahr wurde die Schiaparelli-Couture-Show zur Sensation, weil Models und Celebritys Kleider mit riesigen Wildkatzenköpfen trugen. Roseberry hat verstanden, wie er die Aufmerksamkeitsökonomie für seine Zwecke nutzen kann.

Unter einem riesigen Knopf fand das Defilee von Chanel statt. Parallel lancierte man den Kurzfilm „The Button“.
Unter einem riesigen Knopf fand das Defilee von Chanel statt. Parallel lancierte man den Kurzfilm „The Button“. GEOFFROY VAN DER HASSELT/AFP

Einen völlig anderen Weg als Roseberry - und übrigens auch als ihr Vorgänger und Mentor, Karl Lagerfeld, beschreitet Virginie Viard bei Chanel: Vorbei die Zeiten des großen Spektakels, des lauten Tamtam und der schreierischen Inszenierung. Virginie Viard schickte ihre Entwürfe diesmal unter der Schirmherrschaft eines riesigen Couture-Knopfes (natürlich werden auch diese in eigenen Ateliers gefertigt) über den Laufsteg. Parallel lancierte das Maison einen Kurzfilm mit dem Titel „The Button“, für den Kendrick Lamar die Musik gemacht hatte. Die Kollektion war zurückhaltend, mit einer langen in Weiß gehaltenen Gruppe zu Beginn, und sie stellte die Handwerkskunst der von Chanel betriebenen, für das Fortbestehen der Haute Couture so wichtigen Ateliers einmal mehr in den Mittelpunkt.

Entwürfe von Maria Grazia Chiuri für Dior.
Entwürfe von Maria Grazia Chiuri für Dior.Laura Sciacovelli

Ähnlich unaufgeregt und nicht minder kunstvoll waren die Entwürfe von Maria Grazia Chiuri bei Dior. Wie stets entspann sie einen Dialog mit dem von einer Künstlerin gestalteten Setting, diesmal waren es Paneele mit dem Titel „Big Aura“ von Isabella Ducrot. Chiuri drapierte und konstruierte, arbeitete zum ersten Mal mit changierender Moiré-Seide. Blinkende Taschenrechner und andere Techno-Gimmicks suchte man hier vergeblich, aber das wird die verhalten agierende Dior-Kundin nicht weiter stören.

Giambattista Valli zelebrierte eine Ode an die Kleiderkunst.
Giambattista Valli zelebrierte eine Ode an die Kleiderkunst. Isidore Montag / Gorunway.com

Giambattista Valli, nach Valentino Garavani der zweite Römer in Paris, feierte einmal mehr die Haute Couture als die Wiege des freien Modeschaffens, das sich, in seinem Sinne, von der Anmutung, den Volumen und der Qualität edler Stoffe leiten lassen soll. Sehr klassisch auch das Valli-Finale - nämlich, ganz, wie es die Haute Couture eigentlich vorsieht, mit einer Braut in wallendem Gewande.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.