Morgenglosse

Großelternkarenz darf nicht „Oma statt Mama“ heißen

Großeltern sollen laut ÖVP in Karenz gehen können wie Eltern
Großeltern sollen laut ÖVP in Karenz gehen können wie ElternIMAGO/xfizkesx
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Der Vorschlag, Großeltern in Karenz gehen zu lassen, ist gar nicht so weit weg von der Realität. Dahinter verbirgt sich aber die Gefahr, dass mühevoll gestartete gesellschaftliche Entwicklungen wieder gebremst werden.

Kurzer Crashkurs in politischer Kommunikation: Wenn der Kanzler am Freitag in Wels eine Rede hält und dabei seinen „Österreichplan“ vorstellt, ist er damit einen, vielleicht zwei Tage, in den Medien. Wenn aber schon zuvor häppchenweise Inhalte aus dieser Rede „geleakt“ werden, ist eine ganze Woche Medienaufmerksamkeit gesichert.

So kam es also, dass die „Kronen-Zeitung“ am Donnerstag über eine Idee der Türkisen berichtete, mit der sie das riesige Problem bei der Kinderbetreuung in Österreich verkleinern wollen. Laut Bericht sollen nämlich Großeltern, die noch erwerbstätig sind, künftig genauso in Karenz gehen können wie Mütter und Väter.

Ganz neu ist der Gedanke nicht. Die ehemalige ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner hatte sich unter anderem in ihrem Buch „An den Pranger“ für dieses Modell ausgesprochen. Vorbild ist Ungarn.

Dass die Idee nun recycelt wird, kommt zu einem seltsamen Zeitpunkt. Vor wenigen Monaten erst hatten Kanzler und Familienministerin Susanne Raab groß den Ausbau der Kinderbetreuung, vor allem bei den Unter-Drei-Jährigen, verkündet. 4,5 Milliarden stellt der Bund dafür zur Verfügung. Zu wenig, um die Situation wirklich zu verbessern, schrien Interessensvertretungen aus der Elementarpädagogik auf. Dass man nun aktiv die Großeltern für die Kinderbetreuung aktivieren will, wirkt, also würde man sagen: Stimmt, der Ausbauplan ist unzureichend.

Mit dieser Einsicht gibt es zwei Optionen: Entweder, man steckt doch mehr Geld in die staatliche Kinderbetreuung. Oder aber, man findet, mit dem Hintergedanken, der Staat kann ohnehin nicht alle Erziehungsleistungen erbringen, die eigentlich in den Familien passieren sollten, Alternativen. Die ÖVP will nun offensichtlich in zweitere Richtung gehen. Auf die Großeltern zurückzugreifen, liegt da nahe - viele übernehmen schon jetzt teilweise die Betreuung der Enkelkinder. Glücklich (und entspannter) alle Eltern, die auf diese Möglichkeit zurückgreifen können.

Und trotzdem ist bei der Idee Vorsicht geboten. Zu befürchten steht, dass dadurch Dinge gebremst werden, die gerade erst mühevoll in Bewegung gekommen sind. Der staatliche Kinderbetreuungsausbau etwa. Das wäre fatal für alle, denen eben keine Großeltern als Hilfe zur Verfügung stehen. Und auch die ohnehin nur in Schneckentempo steigende Väterbeteiligung darf nicht wieder zurückgehen. Im Gegenteil. „Wenn die Mama nicht kann, macht’s halt die Oma“ ist kein Zukunftsmodell für eine moderne Gesellschaft.

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