Der Liebesbegriff

„Liebe ist kein Gefühl, sondern eine Aktivität“

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Die Allgegenwart des Liebesbegriffs wird seiner Komplexität nicht gerecht - und führt zu Missverständnissen. Die Philosophin Veronika Fischer fordert einen achtsamen Umgang mit dem Begriff der Liebe, um so sein volles Potenzial auszuschöpfen.

Die Liebe ist überall, ganz besonders rund um den Valentinstag. Keine Werbung, kein Popsong der ohne auskommt. Dabei hat der Begriff mehr als nur eine Bedeutung und steckt in individuellen Lebensentwürfen genauso wie in gesellschaftlichen Institutionen. Eine Auseinandersetzung mit der jeweiligen Begriffsbedeutung könnte zu mehr Klarheit in Beziehungen, auf individueller und gesellschaftlicher Ebene führen.

„Die Presse“: Frau Fischer, Sie fordern einen achtsamen Umgang mit dem Begriff Liebe. Warum?

Veronika Fischer: Ich habe bemerkt, dass der Begriff Liebe ganz viele verschiedene Bedeutungen hat, die sich auch widersprechen. Das kann zu Missverständnissen führen, wenn man nicht weiß, was damit genau gemeint ist. In meinem Buch habe ich versucht, die verschiedenen Begriffsbedeutungen aufzudröseln und den aktuell inflationären Gebrauch in Werbung oder Popmusik aufzuzeigen. Oft hilft es schon selbst zu verstehen, wovon man spricht, um sich darüber klar zu werden, wo finde ich Liebe in meinem Alltag und wie möchte ich den Begriff verwenden.

Was für Bedeutungen hat denn der Begriff Liebe heute?

Liebe kann eine Person meinen, so wie in die „Liebe meines Lebens“, die Liebe als Institution wie die Ehe oder traditionelle Zweierbeziehung. In der Redewendung „Liebe machen“ meint der Begriff die Erotik. Am weitesten verbreitet ist das Verständnis von Liebe so wie in „Ich liebe Dich“. Da meinen viele von einem Gefühl zu sprechen, obwohl die Liebe gar nicht zur Definition eines Gefühls passt. Die Liebe ist etwas Aktives, das man lernen und gestalten kann, ein Langzeitphänomen, das auch andere Gefühle ermöglicht. Ich kann jemanden lieben und gleichzeitig Wut oder Trauer empfinden.

Und das Verliebtsein ist wohl auch hin und wieder gemeint?

Genau, das wäre ein solches Missverständnis. Manche sprechen von Liebe und meinen eigentlich das Verliebtsein, das Stadium einer Beziehung, in dem alles bunt und aufregend ist. Wenn aber eine Liebe nach drei Monaten wieder vorbei ist, war es eigentlich keine Liebe, sondern nur Verliebtheit.

Sie plädieren ja auch für einen einen breiten und vielschichtigen Liebesbegriff. Also wie jetzt, sprachliche Präzision oder Bedeutungsvielfalt?

Veronika Fischer arbeitet als freie Texterin, Autorin und Philosophin. Sie führt einen Liebesbriefservice und hat aus ihrer abgebrochen Philosophiedissertation kurzerhand ein Buch gemacht. 
Veronika Fischer arbeitet als freie Texterin, Autorin und Philosophin. Sie führt einen Liebesbriefservice und hat aus ihrer abgebrochen Philosophiedissertation kurzerhand ein Buch gemacht. Fiona Menzel/Milena Schilling

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