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Martin Sellner nahm an weiterem Geheimtreffen Rechtsextremer in Deutschland teil

Ex-Identitären Sprecher Sellner verbreitet seine Ideen in Deutschland.
Ex-Identitären Sprecher Sellner verbreitet seine Ideen in Deutschland.APA
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Nicht nur in Potsdam sondern auch in Bayern soll ein Treffen stattgefunden haben, in dem unter anderem AfD-Mitglieder ihre Positionen zu „Remigration“ austauschten. Zu Gast war auch Ex-Identitären Sprecher Sellner.

Zwei Wochen vor dem Treffen radikaler Rechter in Potsdam zum Thema „Remigration“ haben zwei bayerische AfD-Landtagsabgeordnete an einer Veranstaltung mit dem früheren Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, in Schwaben teilgenommen. Dies teilte am Mittwoch ein Sprecher der AfD-Fraktion im Maximilianeum in München mit, ohne die Namen der Abgeordneten zu nennen.

Die Parlamentarier seien „persönlich ohne Auftrag von Fraktion oder deren Wissen“ zu dem Treffen in Dasing in der Nähe Augsburgs gegangen. „Der Sachverhalt wird zunächst intern behandelt“, meinte der Sprecher. Die Landtagsfraktion habe erst durch die Berichterstattung von der Veranstaltung und der Teilnahme erfahren. Zuvor hatte die „Augsburger Allgemeine“ über das Treffen mit den AfD-Vertretern in Dasing berichtet.

Söder fordert Ausschluss von AFD-Mitgliedern

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) teilte mit, dass das Dasinger Treffen vom Verfassungsschutz genau geprüft und Thema im Landtag werden müsse. „Die neuen Enthüllungen zu einem radikalen #Geheimtreffen auch in Schwaben machen größte Sorge. Diese unerträglichen Vorgänge sind ein Angriff auf die Demokratie und das friedliche Zusammenleben in unserem Land“, schrieb er auf der Plattform X (vormals Twitter). „Die #AfD-Landtagsfraktion wirkt immer mehr wie der radikalste Block innerhalb der AfD.“ Wer an dem Treffen nachweislich teilgenommen habe, müsse aus der Fraktion ausgeschlossen werden, verlangte Söder.

Sellner sprach in Bayern dem Bericht zufolge als Hauptredner über eine beschönigend „Remigration“ genannte Massenvertreibung von Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland. Das hatte Sellner, wie durch Recherchen der Plattform Correctiv publik wurde, auch am 25. November bei einem Treffen von AfD-Politikern, Mitgliedern der rechtskonservativen Werteunion, Rechtsextremen und Unternehmern in Potsdam gemacht.

Sellner selbst hatte erklärt, dass es bei der Veranstaltung am 11. November „nicht hauptsächlich um die Idee der Remigration“ gegangen sei. Er habe ein Buch von sich vorgestellt. Details zu den Teilnehmern nannte er nicht.

Verfassungsschutz wurde über Sellner-Posting auf Treffen aufmerksam

Bayerns Verfassungsschutz ist durch mehrere Internetveröffentlichungen auf das Treffen aufmerksam geworden. Die Behörde erklärte, dass an der Veranstaltung in Dasing (Landkreis Aichach-Friedberg) nach den Erklärungen Sellners in den Netzbeiträgen „über 60 vorwiegend junge Personen teilgenommen haben“.

Sellner habe dieses Treffen als „Schwabenkongress Raum Augsburg“ bezeichnet, erläuterte ein Sprecher des Verfassungsschutzes. „Ein weiterer Internetbeitrag zeigt zwei bayerische AfD-Landtagsabgeordnete am gleichen Tag am gleichen Veranstaltungsort, so dass geschlussfolgert werden muss, dass sie die Veranstaltung mit Sellner besuchten“, erklärte der Verfassungsschutzsprecher.

Ein Bericht des Recherchezentrums Correctiv über ein Treffen radikaler Rechter in Potsdam am 25. November mit einigen AfD-Politikern sowie einzelnen Mitgliedern der CDU und der sehr konservativen Werteunion hatte in den vergangenen Wochen bundesweit zu zahlreichen Demonstrationen gegen Rechtsextremismus geführt.

Vertraute der AfD-Spitze in Potsdam

An den Geheimtreffen in Potsdam dürften mehr Vertraute der AfD-Spitze teilgenommen haben, als bisher bekannt. Wie WDR, NDR und „Süddeutsche Zeitung“ berichteten, war auch der Sohn des Veranstalters Gernot Mörig, Arne Friedrich Mörig, dabei.

Arne Friedrich Mörig soll aus dem persönlichen Budget bezahlt worden sein, über das AfD-Chefin Alice Weidel direkt verfügen könne, berichteten die beiden Sender und die Zeitung. Den am Dienstagabend veröffentlichten Recherchen zufolge hielt Mörig bei dem Treffen einen Vortrag über die Gründung einer neurechten Social-Media-Agentur.

Er soll seit Ende 2022 einen Vertrag für die AfD besessen haben, der inzwischen wieder gekündigt worden sei. Ende 2023, nach dem Treffen in Potsdam und vor der Berichterstattung des Netzwerks Correctiv darüber, soll Mörig demnach die Pläne zur Gründung einer Influencer-Agentur auch dem AfD-Bundesvorstand präsentiert haben.

AfD-Chefin Weidel spricht von „Verleumdung“

AfD-Partei- und Fraktionschefin Weidel nannte die Correctiv-Recherchen zu dem Potsdamer Treffen am Mittwoch im Bundestag „Lüge“ und „Verleumdung“. Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz sagte in der Generalaussprache zum Bundeshaushalt, die dort diskutierten Pläne erinnerten „an die dunkelsten Zeiten der deutschen Geschichte“. Mit dem Begriff „Remigration“ wollten die Teilnehmer ihre Pläne verharmlosen. Viele, die seit Jahrzehnten hier lebten, hätten aber Angst, „ob sie gemeint sind, ob sie jetzt das Land verlassen müssen“.

„Positionspapier zur Remigration“

Die AfD bemüht sich in einem „Positionspapier zur Remigration“ unterdessen um Abgrenzung zu den von Sellner in Potsdam vorgestellten Plänen. Der österreichische Rechtsextremist soll laut Correctiv bei dem Treffen aufgezählt haben, wer Deutschland verlassen solle: Asylbewerber, Ausländer mit Bleiberecht und „nicht assimilierte Staatsbürger“.

In dem AfD-Papier heißt es mit Blick darauf: „Die AfD unterscheidet nicht zwischen deutschen Staatsangehörigen mit und ohne Migrationshintergrund.“ Alle Deutschen seien „ohne Ansehen von Herkunft, Abstammung, Weltanschauung oder Religionszugehörigkeit Teil unseres Staatsvolks“. Zugleich will die AfD im Rahmen einer „Remigrationsagenda“ rund 250.000 ausreisepflichtige Ausländer „konsequent abschieben“, unter anderem Menschen aus Syrien und Afghanistan. (APA/AFP)

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