Jubilar

Hansi Hinterseer ist 70: Immer Höhenluft, ein Leben lang

Hansi Hinterseer am Start zum Slalom in Wengen. 1974
Hansi Hinterseer am Start zum Slalom in Wengen. 1974Picturedesk / Votava
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Vom Skirennfahrer zu einem der deutschsprachigen Musiksuperstars: die Karriere von Hansi Hinterseer kennt viele Schwünge. Er selbst blieb aber immer der Nahbare, der Kitzbühler mit den „Fell-Boots“, ein Sunnyboy. Warum? „Du hast mich heut noch nicht geküsst!“

Die personifizierte Höhensonne. Der ewige Sunnyboy und Lebenskünstler. Die Natürlichkeits-Urgewalt. Hansi Hinterseer legte eine der außergewöhnlichsten Karrieren im Unterhaltungsgeschäft hin. Und hatte dabei eigentlich immer „nur“ und vor allem „den Hansi“ im Gepäck. Sein größter Trumpf war, ist und bleibt er selbst. Am heutigen Freitag feiert der Mann, der sich „spielerisch“ und „bärig“ vieles zutraute und dadurch reich und berühmt wurde, den unglaublichen 70. Geburtstag.

Bilanz eines (Berufs)-Lebens: Sechs Siege im Ski-Weltcup, eine WM-Silbermedaille, einmaliger Gewinner des Riesenslalomweltcups, Dritter im Gesamt- und Slalomweltcup, zweimaliger Profi-Weltmeister, zigfach Gold- und Platinschallplatten, ausverkaufte Tourneen im deutschsprachigen Raum und weit darüber hinaus, TV-Präsentator, Schauspieler usw., usw. Doch Hansi Hinterseer war noch nie allein mit Zahlen, Daten und Fakten beizukommen. Er blieb immer eine Gesamtkunstwerk, das stets wichtiger war als seine „Einzelteile“. Wenn allein die Kraft der Persönlichkeit Großes zu erreichen vermag - der am 2. Februar 1954 geborene Hinterseer, den alle Welt ein Leben lang nur „Hansi“ nennt, wäre eines der besten Beispiele dafür.

Sunnyboy von der Seidlalm

Und wie so viele Geschichten begann auch die seine bescheiden: Aufgewachsen bei seinen Großeltern auf der Seidlalm direkt an der Streif, lernte der junge Hansi laut eigenen Angaben schon früh, was es heißt, vor allem zufrieden, dankbar und glücklich zu sein. Eine nicht untypische ländliche Tiroler Kindheit der etwas zeitversetzten Nachkriegszeit. Mit den Skiern in die Schule, eine karge Kindheit im Idyll, mit der größtmöglichen Freiheit. Trotz bescheidener finanzieller Mittel war Hansi, unehelicher Sohn von Slalom-Olympiasieger Ernst Hinterseer das Skifahren praktisch in die Wiege gelegt. Mit dem Vater soll das Verhältnis heute übrigens sehr angespannt sein. Es folgte eine rasante, aber relativ kurze Weltcupkarriere, die er 1978, mit nur 24 Jahren schon wieder beendete. Kolportierte Unstimmigkeiten mit Trainern und sportlicher Führung taten ihr übrigens. „Der Hansi“ wollte nicht mehr. Denn seinen eigenen Kopf hatte er schon immer. Allerweltsdarling, aber nicht Allerweltstyp - das zog sich durch sein bisheriges Leben.

Hansi Hinterseer in Kitzbühel. In klassischer Montur.
Hansi Hinterseer in Kitzbühel. In klassischer Montur.Getty Images / Klaus Pressberger

Es folgte der Wechsel nach Amerika, zur damaligen „Profi-Tour“. Prägend, beruflich und persönlich. Der heimatverbundene Hansi, fern der Heimat. Nach zwei Weltmeistertiteln und vielen Celebrity-Bekanntschaften hängte Hinterseer die Bretter endgültig an den Nagel. Öffentlich präsent blieb der verheiratete Vater zweier Töchter ab Mitte der 1980er-Jahre vor allem als Co-Kommentator von Skirennen im ORF. Und blieb zusätzlich - und das bis heute - ein Botschafter seiner selbst. Eine immerwährende Werbefigur. Von Beruf Hansi.

Rein realistisch betrachtet scheint der berufliche Höhepunkt in einem solchen Fall bereits überschritten zu sein, doch bei Hansi kam die große Erfolgslawine erst ins Rollen. Und sollte fortan alles in den Schatten stellen, auch sein sportliches Schaffen. Denn im Sommer 1993 erfolgte der große Wendepunkt in seinem Leben: Ein Ziehharmonikaständchen zum Geburtstag des Musikproduzenten und damaligen Hinterseer-Freundes Jack White in Kitzbühel geriet zur Initialzündung für seine Musikerlaufbahn. „Drei Tage später bot er mir einen Plattenvertrag an, von dem ich zuerst nichts wissen wollte. Erst nach drei Wochen und mehrmaligem Drängen von Jack White ließ ich mich breitschlagen“, erzählte Hinterseer einmal über seine Anfänge. Es hagelte bald Erfolge. „Ich bin nicht mehr ausgekommen“, meinte der Jubilar.

So kennt man ihn: Charmant, stets ein Schmunzeln im Gesicht.
So kennt man ihn: Charmant, stets ein Schmunzeln im Gesicht.APA / APA / Expa/johann Groder

„Du hast mich heut noch nicht geküsst“

Der erste TV-Auftritt als Sänger mit der Debütsingle „Du hast mich heut noch nicht geküsst“ im Jahr 1994 im „Musikantenstadl“ markierte schließlich den Startschuss für eine Karriere, die von Kritikern häufig belächelt, von seinen Fans aber umso frenetischer begleitet wurde. In bisher 30 Sängerjahren heimste er Gold- und Platin-Alben sonder Zahl in Österreich, Deutschland, der Schweiz sowie in Ländern wie Belgien, den Niederlanden oder Dänemark ein. Beinahe jedes Jahr erscheint seitdem ein neues Hinterseer-Album - und es landet fast immer zumindest in den oberen Charträngen. Zu Buche stehen auch ausverkaufte Tourneen durch die vielfach größten Hallen, der mehrfache Gewinn von Auszeichnungen wie der „Goldenen Stimmgabel“ oder der „Krone der Volksmusik“ sowie der deutsche Musikpreis Echo im Jahr 2004.

Kitzbühler Familienmensch
Kitzbühler FamilienmenschImago / Daniel Scharinger

Über die Jahre gelang es ihm, sich vom Sänger „Hansi“ zur umfassenden Entertainmentgröße „Hansi“ zu entwickeln. Mit Personalityshows wie „Herzlichst Hansi Hinterseer“ oder „Servus, Hansi Hinterseer“ sorgte der dabei bevorzugt durch imposante Berglandschaften ziehende Entertainer lange Jahre für Millionenquoten am Samstaghauptabend des ORF und deutscher öffentlich-rechtlicher Sender. Die jährlichen Fanwanderungen mit jeweils mehr als 10.000 Hansi-Anhängern aus aller Herren Ländern in seiner Heimat Kitzbühel erlangten Kultstatus. Die im Zuge des im Fernsehen übertragenen „Hansi Hinterseer Open Air“ aus dem Kitzbüheler Tennisstadion machte die Fanwanderung die maximale Bildschirmpräsenz perfekt. Sowohl Fanwanderung als auch TV-Open Air (heute konzertiert dort u.a. Andreas Gabalier) gehören aber seit 2011 der Vergangenheit an - die Folge eines Konflikts mit Tourismus- und Politikverantwortlichen seiner Heimatstadt. Zurück blieb wohl eine Seelenwunde, die bis heute klafft. Außergerechnet seine Heimat Kitzbühel - sie legt frei, dass hinter dem immer strahlenden Hansi auch ein tiefgründiger, verletzbarer Mensch steckt.

Wie in jeder Karriere wurden auch in jener Hansis mit der Zeit - vor allem in den vergangene zehn Jahren - die Stolpersteine bzw. kleineren Rückschläge mehr. Getreu der Weisheit: Wer auf dem Gipfel steht, muss sich auch irgendwann wieder auf den Rückweg machen. 2013 verlor er nach dem Ausstieg der ARD seine ORF-Sendung, die er mit wechselnder Bezeichnung 18 Jahre lang präsentierte. 2017 feierte das Format jedoch eine Wiederauferstehung, wenn auch nicht in der vorher gewohnten Häufigkeit. Derzeit ist Hinterseer aber wieder „sendungs-los“.

Parallel zur Musik und TV-Karriere entwickelte sich der passionierte Fell-Moonboots-Träger - mithilfe von Filmproduzent Norbert Blecha - auch zum Quotenbringer als Schauspieler. Ab dem Jahr 2000 gab es etwa eine ganze Reihe von modernen Heimatfilmen mit Hinterseer in der Hauptrolle. Die Filmtitel änderten sich marginal - „Da wo die Berge sind“, „Da wo die Heimat ist“, „Da wo die Herzen schlagen“ - „der Hansi“ blieb jedoch immer gleich. Der bis dato letzte Film mit ihm in der Hauptrolle lief im Jahr 2014 - es bleibt abzuwarten, ob in diesem Feld ein Comeback folgt.

So thront Hinterseer derzeit zwar nicht mehr auf dem allerhöchsten Karrieregipfel. Doch er steht nach wir vor auf einem sehr hohen Plateau: Trotz neuer Super- und Shootingstars konnte sich der Tiroler bis heute im Spitzenfeld der Schlager- und volkstümlichen Welt halten. Er blieb ein echter „Typ“ inmitten so mancher stromlinienförmiger, austauschbarer, übercoachter „Mitbewerber“.

Der Fels in der Brandung bleibt für den, mittlerweile auch zum Großvater avancierten, Hinterseer jedenfalls seine Familie: Frau Romana, die Töchter Jessica und Laura. „Ich bin ein glücklicher Mensch“ meinte er im APA-Interview. Er, der „das Glück beim Schopf gepackt“ hat, atmet weiter die Höhenluft des Lebens.

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