Offener Brief

Dollfuß-Museum: Beirat kritisiert „befremdliche Räumaktion“ durch die Gemeinde

Um das umstrittene Museum gibt es wieder Aufregung: Eine Übergabe von Exponaten an die Landessammlung torpediere die geplante Abwicklung, kritisiert der wissenschaftliche Beirat.
Um das umstrittene Museum gibt es wieder Aufregung: Eine Übergabe von Exponaten an die Landessammlung torpediere die geplante Abwicklung, kritisiert der wissenschaftliche Beirat.APA
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Rund um das umstrittene Dollfuß-Museum in Texingtal gibt es erneut Aufregung. Der wissenschaftliche Beirat, der mit der Neukonzeption betraut wurde, kritisiert in einem Offenen Brief die Übergabe von Exponaten an die Landessammlung als „äußerst befremdlich“. Die „Räumaktion“ torpediere die Umsetzung des beschlossenen Museumskonzepts.

Im Oktober 2023 war es schlussendlich fix: Das umstrittene „Dr.-Engelbert-Dollfuß-Museum“ in Texingtal (Bezirk Melk) werde „konstruktiv“ aufgelöst, hieß es damals seitens des damit beauftragten Kuratoriums des Vereins „MerkWürdig“. Das Museum war mit dem Wechsel von Gerhard Karner (ÖVP) als Innenminister in den Fokus gerückt: Er war zuvor Bürgermeister in der Gemeinde, wo das dort befindliche Dollfuß-Museum als eine Art Pilgerstätte irritierte. Der Austro-Diktator war 1933 bei einem NS-Attentat getötet worden. Das Kuratorenteam mitsamt wissenschaftlichem Beirat entschied sich im Herbst 2023 dazu, das Museum aufzulösen.

Am Samstag äußerte sich dieser wissenschaftliche Beirat – darin vertreten Lucile Dreidemy (Universität Wien), Ernst Langthaler (Johannes Kepler Universität Linz), Carlo Moos (Universität Zürich) sowie Verena Pawlowsky (Forschungsbüro Wien) – allerdings in einem Offenen Brief mit reichlich Unbehagen: Darin wird kritisiert, dass am 19. Jänner eine „fast vollständige Übergabe der Museumsexponate durch die Gemeinde Texingtal“ an die niederösterreichischen Landessammlungen erfolgt sei, und das „auf Forderung einiger Leihgeber*innen“. Das sei „äußerst befremdlich“.

„Bedenklicher Auftakt zum Gedenkjahr“

Denn die „Räumaktion“ torpediere die Umsetzung des vom wissenschaftlichen Beirat begleiteten und einstimmig befürworteten Museumskonzepts „Raum schaffen“, das vom Team des Vereins „MERKwürdig“ angedacht worden war.

Mit der Räumung bedeute, dass der „konstruktive Teil“ der Abwicklung, „die begleitende, partizipative und kritische Reflexion über mehrere Jahre“ entfalle dadurch. „Auf diese Weise werden die gedenkpolitischen Interessen einiger Personen und Organisationen auf Kosten einer zeitgemäßen, demokratischen und evidenzbasierten Geschichtskultur durchgesetzt“, heißt es in dem Schreiben. Die Verantwortlichen hätten damit „einen bedenklichen Auftakt zum Gedenkjahr der Durchsetzung der Dollfuß-Diktatur vor 90 Jahren gesetzt“. Die Historiker erwarteten sich von den kultur- und wissenschaftspolitischen Entscheidungsträger „einen verantwortungsvollen Umgang mit der österreichischen Geschichtskultur“.

(juwe)

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