Paris

Diskussion über Parkgebühren: Was ist eigentlich ein SUV?

SUVs in Paris auf einem Archivbild.
SUVs in Paris auf einem Archivbild.Reuters / Benoit Tessier
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Weil SUV kein amtlich definierter Begriff ist, will man in Paris das Fahrzeuggewicht heranziehen. Das lässt einige Fragen zur Zielgenauigkeit und Durchführbarkeit offen.

Am Sonntag endete die Volksbefragung in Paris („Ja oder Nein zu mehr SUVs in der Stadt“) mit einer Mehrheit für „Non“, was ab September deutlich höhere Parkgebühren für SUVs nach ziehen soll.

Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo („Parti socialiste“) argumentierte mit Umwelt- und Klimaschutz und damit, dass SUVs die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer, vor allem schwächerer wie Fußgänger und Radfahrer, in erhöhter Weise gefährden. Aus dem Bürgerentscheid ergeben sich allerdings mehr Fragen als Antworten.

Gleich drauflos: Was ist eigentlich ein SUV?

Zunächst nur eine Abkürzung – für Sports Utility Vehicle, am ehesten mit Mehrzweckfahrzeug zu übersetzen. Sports bezieht sich dabei nicht auf das Fahrverhalten, sondern auf Utility, den Zweck, man denke an Outdoor-Aktivitäten aller Art. Daraus ergeben sich die Merkmale erhöhte Bodenfreiheit und ein Laderaum mit Klappe (statt Fließheck mit Kofferraum), oftmals, aber nicht zwingend Allradantrieb. Im Unterschied zu typischen Geländewagen mit ihren knorrigen Fahreigenschaften sind SUVs umgänglicher, komfortabler und alltagstauglicher, dafür weniger leistungsfähig im echten Geländeeinsatz.

Wahrlich kein SUV: Doch auch dieser Skoda Superb Combi kommt je nach Ausführung über 1600 Kilogramm - für ihn wären in Paris daher die dreifachen Parkgebühren fällig.
Wahrlich kein SUV: Doch auch dieser Skoda Superb Combi kommt je nach Ausführung über 1600 Kilogramm - für ihn wären in Paris daher die dreifachen Parkgebühren fällig. Imago / Ondrej Deml

Klingt irgendwie schwammig...

Ist es auch. Denn SUV ist keine amtliche Fahrzeugkategorie – anders als bei Geländewagen, die aufgrund konkreter Eigenschaften als solche klassifiziert werden, samt Eintragung in der Typenzulassung. Die breite Masse der Modelle, die landläufig als SUV wahrgenommen werden, sind bei uns als „Kombilimousine“ eingetragen. Neben den klassischen, quasi unverkennbaren SUVs (Paradebeispiel in unseren Breiten: erwähnter BMW X5) bezeichnet SUV inzwischen mehr einen speziellen Look, eine Karosserieform mit Designelementen, die Verwegen- und Robustheit signalisieren, was auch bei Fahrzeugen mit Kleinwagen-Basis funktioniert und praktiziert wird. Dazu reicht es, das Fahrwerk wenige Zentimeter anzuheben, um den primär erwünschten Effekt des höher Sitzens zu erzielen. Der Rest ist Styling.

Daher zieht man in Paris das Fahrzeuggewicht heran...

Mit der Obergrenze von 1600 Kilogramm Leergewicht für Verbrennermodelle aller Art (also auch Hybride und Plug-In-Hybride) und 2000 kg für Elektroautos. Nach dieser Methode erwischt es allerdings auch einen VW Passat (Variante Diesel mit Allrad) und viele andere Mittelklasseautos, die auf über 1,6 Tonnen kommen. Plug-In-Hybride dieser Klasse kommen oftmals über 1,8 Tonnen, und viele Elektroautos reißen die zwei Tonnen, ohne als SUVs zu gelten. Etwa der VW ID.7 in Form einer klassischen Limousine – mit 2172 Kilogramm Leergewicht.

Also kein SUV, trotzdem mehr zahlen?

So wird es kommen, sollten die vorgesehenen Gewichtslimit nicht deutlich angehoben werden. Genau das verleiht auch den Gegnern der Maßnahme Auftrieb: „Machen wir uns nichts vor“, heißt es vom opponierenden Autofahrer-Bündnis, „es geht nicht um SUVs, es geht um die schleichende Abschaffung des Autos“. Die „Oui“-Wähler - laut Formulierung des Wählerentscheids also „für mehr SUVs in der Stadt“ – blieben aber in der Minderheit.

Könnte das Pariser Beispiel Schule machen?

Von insgesamt 1,3 Mio. Abstimmungsberechtigten in Paris haben mit sechs Prozent Teilnahme etwa 80.000 Bürgerinnen und Bürger ihr Votum abgegeben – wobei 55 Prozent dem Anliegen der Bürgermeisterin zustimmten. So sehr das Thema als Aufreger gilt, die Massen hat es nicht mobilisiert. Dass im Wahlkampf, also ab sofort, mit dem Thema jedoch eine griffige Forderung zur Hand ist, und sei es in Form strikter Ablehnung, lässt sich bereits beobachten. Zu beobachten wird aber auch sein, wie die Maßnahme in Paris konkret durchgeführt wird.

Was ist über die Pläne bekannt?

Um das Leergewicht eines Fahrzeugs bestimmen zu können, muss man Einblick in die Typzulassung (Typenschein) des erfassten Fahrzeugs nehmen – darin ist das „Eigengewicht“ vermerkt. Das mag die Behörde bei französischen Zulassungen noch irgendwie hinbekommen. Aber für ausländische Kfz, die in Paris zu Besuch sind – das wird wohl nicht nur datenrechtlich schwierig. Und denen gilt die Maßnahme ja primär, denn für Pariser Anwohner soll sie nicht gelten. Die Lösung soll ein eigenes Anmeldesystem sein, bei dem die betreffenden Details der Zulassung offenzulegen wären. Klingt nach einigem bürokratischen Aufwand – und dürfte bei vielen Touristen schon reichen, vom Paris-Besuch abzusehen. Jedenfalls mit dem Auto.

Was ist dran an den Argumenten der Pariser Bürgermeisterin?

Würden wir wirklich nur von klassischen SUVs reden: Der höhere Karosserieaufbau, meist im Zusammenspiel mit größere Rädern in weiter ausgeschnittenen Radhäusern, hat unvermeidlich erhöhten Luftwiderstand zur Folge. Das ist Physik und ergibt in der Folge höheren Verbrauch im Vergleich zu einer konventionellen Karosserieform der gleichen Fahrzeugklasse. Alles andere, wie das oftmals erhöhte Gewicht durch Allradantrieb und eine kräftigere Motorisierung, erhöht den Verbrauch weiter – was allerdings auch für jede andere Fahrzeugart gilt.

Und Sicherheit?

Es gibt hinlänglich Studien, die ein erhöhtes Verletzungsrisiko (beziehungsweise einen höheren Verletzungsgrad) für Fußgänger und Radfahrer bei einem Zusammenstoß belegen. Die aktuellsten Studien stammen allerdings aus den USA, wo wir es mit „Full-Size-SUV“ zu tun haben, die bei uns wenig verbreitet sind. Als Ursache gilt der hohe Aufbau der Fahrzeugfront. Fakt jedoch: Die Fahrzeugform (üblicherweise: hohe Fensterlinie, massiver ausgeführte Karosseriesäulen) hat in SUV-Bauart eine schlechte Karosserieübersicht zur Folge, was das Unfallrisiko erhöht. Ohne Rundum-Kameras sind größere Exemplare beim Rangieren für den Menschen am Steuer praktisch gar nicht mehr zu erfassen.

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