Algorithmen

Social Media Aggression: Vom Bildschirm auf den Schulhof

Imago / Xun_shux
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Algorithmen sollen beim Sortieren und Filtern der vielen Inhalte helfen. Doch Social-Media-Plattformen machen sie sich auch zunutze, um ihre Nutzer besonders lange bei sich zu halten. Mit dem Effekt, dass die angezeigten Videos und Beiträge immer extremer werden.

Was wir auf Netflix angeboten bekommen oder Google uns in den Suchergebnissen zeigt, hängt sehr von unserem eigenen Suchverhalten ab. Damit werden die Algorithmen mit Informationen gefüttert, die dann wiederum das Filtern übernehmen. In vielen Fällen willkommen. Doch besonders auf Sozialen Plattformen kann dies schnell einen Negativeffekt haben. So kommt eine kürzlich in Großbritannien durchgeführte Studie zu einem erschreckenden Ergebnis: Algorithmen in Social Media Plattformen verstärken extrem frauenfeindliche Inhalte. Die Konsequenz: ein Teufelskreis.

Fünf Tage lang haben Forscher den Algorithmus in TikTok-Konten genauestens beobachtet und dabei festgestellt, dass der Algorithmus sich schnell in der Eskalation befand. Die Videos in Bezug auf frauenverachtende Inhalte wurden immer extremer. Generell sind die Videos geprägt von Schuldzuweisungen und Wut auf Frauen.

Die von Teams des University College London und der University of Kent durchgeführte Studie erfolgt zu einer Zeit, in der erneut Besorgnis über die Auswirkungen Sozialer Medien auf junge Menschen besteht. Die Forscher gehen davon aus, dass sich die Erkenntnisse auf jede andere Plattform neben TikTok umlegen lassen.

Diese Vorwürfe sind nicht neu, Frances Haugen, eine ehemalige Facebook-Mitarbeiterin hat 2021 bereits interne Studien vorgelegt, die zeigen, dass die Negativspirale durch die Algorithmen verheerende Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche haben kann. Die UCL/Kent-Studie mit dem Titel „Safer Scrolling“ geht darüber hinaus und argumentiert, dass schädliche Inhalte als Unterhaltung dargestellt werden. Giftiges, hasserfülltes oder frauenfeindliches Material werde jungen Menschen „zugeschoben“.

Beeinflussbarkeit junger Menschen

Vom Werther-Effekt sprechen wir noch heute. Ausgangsbasis dafür ist das Werk „Die Leiden des jungen Werther“ von Johann Wolfgang von Goethe, das 1774 entstanden ist. Der Briefroman über eine unerfüllte Liebe, löste einen namensgebenden Trend aus. Besonders in jungen Jahren sind Mädchen und Burschen empfänglich für Themen, die besonders emotional dargebracht werden.

„Algorithmische Prozesse auf TikTok und anderen Social-Media-Seiten zielen auf die Schwachstellen der Menschen ab – etwa Einsamkeit oder das Gefühl des Kontrollverlusts – und so werden schädliche Inhalte spielerisch behandelt“, sagte Regehr. „Wenn junge Menschen sich in geringen Dosen mit Themen wie Selbstverletzung oder Extremismus beschäftigen, fühlt es sich für sie wie Unterhaltung an.“

Schüler und Direktoren befragt

Die Forscher befragten auch junge Menschen und Schulleiter zu den Auswirkungen Sozialer Medien und stellten fest, dass hasserfüllte Ideologien und frauenfeindliche Tropen von den Bildschirmen in die Schulen gelangt sind und sich in der Mainstream-Jugendkultur verankert haben.

Geoff Barton, Generalsekretär der Association of School and College Leaders, die an der Studie mitgearbeitet hat, sagte: „Die Ergebnisse der UCL zeigen, dass Algorithmen – über die die meisten von uns wenig wissen – einen Schneeballeffekt haben, bei dem sie immer extremere Ergebnisse erzielen.“ Inhalte in Form von Unterhaltung.

„Das ist im Allgemeinen zutiefst besorgniserregend, besonders aber im Hinblick auf die Verstärkung der Botschaften über toxische Männlichkeit und deren Auswirkungen auf junge Menschen, die in der Lage sein müssen, erwachsen zu werden und ihr Verständnis der Welt zu entwickeln, ohne von solch entsetzlichem Material beeinflusst zu werden.“

„Wir fordern TikTok im Besonderen und Social-Media-Plattformen im Allgemeinen auf, ihre Algorithmen dringend zu überprüfen und die Schutzmaßnahmen zur Verhinderung dieser Art von Inhalten zu verstärken.“ Eine Forderung, die nicht neu ist und der TikTok nach eigenen Aussagen bereits nachgekommen ist. Dennoch steht unbestritten fest, dass Social-Media-Plattformen nicht genug tun, um junge Nutzer vor den Algorithmen zu schützen.

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