Kommentar

Let them sprech Englisch, who cares?

Zwischen deutschen Fragen und englischen Antworten inklusive Rückübersetzung wird das Opernball-TV traditionell „lost in translation“.
Zwischen deutschen Fragen und englischen Antworten inklusive Rückübersetzung wird das Opernball-TV traditionell „lost in translation“.APA / Roland Schlager
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Den Opernball sollte sich ja zumindest eine Community rot im Kalender als Fest- und Feiertag anstreichen: Die der Übersetzenden, weil ihre Herkulesleistungen gut nachvollziehbar werden.

Den Opernball kann man ja nun von vielen Seiten betrachten. Sich zum Beispiel auseinandersetzen mit Bekleidungsformen im Wandel der Zeiten („Mein Kleid ist da hinten im gelben Sackerl“), ungehörig langen CEO-Werbebotschaften oder dem Beschwipstheitsgrad von im TV Interviewten. Als jemand, der sich früher ausgiebig mit Translationstheorien beschäftigt hat, möchte ich aber festhalten: Den Opernballtermin sollte sich vor allem die Übersetzercommunity rot im Kalender als ihren Fest- und Feiertag anstreichen.

Als ich mich einst damit auseinandersetzte, lautete eine zentrale Frage, wie Übersetzerinnen und Übersetzer es anstellen können, ein Paradox ihrer Arbeit zu überwinden: Je besser sie sie machen, je flüssiger und schöner ihre Übersetzung ausfällt, desto unsichtbarer werden sie. Das betrifft zwar primär den Bereich der geschriebenen Übersetzung, doch es ist mir eine wahre Freude zu sehen, wie die „bilingualen“ Konsekutiv-Opernballinterviews eine Lanze für die Schwierigkeit des Konsekutivdolmetschens brechen.

Konsequent wird bei diesen hechelnd geführten Live-TV-Interviews die freilich auch im einsprachig Deutschen beherzigte Praxis fortgeführt, Fragen zu stellen, deren Antworten ignoriert oder, bei weniger wichtigen Partnerinnen, gar nicht erst abgewartet werden. Wenn etwa die freundliche und durchaus längere Wortmeldung der First Lady von Montenegro, Milena Milatović, einfach nur als lapidare Einladung zum Fasching wiedergegeben wird, könnte man streng genommen sagen, das sei auch am diplomatischen Parkett slippery.

Eigentlich hat ja auch Kaja Kallas, Premierministerin von Estland, etwas nuancierter darüber gesprochen, wie es nun in der Oper in Talinn aussieht, als dass es da „natürlich nicht so glamourös“ sei wie in Wien. Und dass Priscilla Presley tatsächlich, wie erbeten, begann, darüber nachzudenken, wie sie den Elvis-Film von Baz Luhrmann finde, wurde zu leerer Sendezeit. Was blieb, war, dass es „in Los Angeles natürlich so ein Event nicht gibt“: Stimmig, denn wie man weiß, handelt es sich um eine Provinzstadt ohne nennenswerten Celebrity-Faktor.

Es geht aber gar nicht in erster Linie darum zu ätzen und zu bemängeln, denn man beneidet wirklich niemanden darum, einen Job zu machen, bei dem unter großem Zeitdruck korrekte Übersetzungen entstehen sollen.

Ich sage ja, der Opernball ist ein Fest für die Sichtbarmachung der Leistung von Übersetzenden.

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