Viruserkrankung

Brasilien tanzt Samba – und impft gegen Dengue-Ausbruch

Im Sambadrome in Rio wird mit wenig Bekleidung getanzt. Experten rufen die Karnevalsbesucher dazu auf, sich durch lange Kleidung vor Mückenstichen zu schützen.
Im Sambadrome in Rio wird mit wenig Bekleidung getanzt. Experten rufen die Karnevalsbesucher dazu auf, sich durch lange Kleidung vor Mückenstichen zu schützen. APA / AFP / Mauro Pimentel
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In Brasilien tanzen Millionen Menschen dem Höhepunkt des diesjährigen Karnevals entgegen. Doch gleichzeitig warnen die Gesundheitsbehörden des Landes vor den rasant steigenden Fällen an Dengue-Fieber. In drei Staaten gilt der Notstand. Eine neue Impfung soll Abhilfe schaffen.

In Rio de Janeiro regiert derzeit König Momo I. Den übergroßen, mit Pailletten besetzten Schlüssel hat der König der Stadt, der bis zum Faschingsdienstag im Amt ist, in einer lauten Zeremonie samt Glitzerkonfetti vom echten Bürgermeister der Stadt, Eduardo Paes, überreicht bekommen. In Brasilien ist in den nächsten Tagen Karneval angesagt. Ausgelassen werden überall im Land Millionen Menschen zu Samba-Musik tanzen und feiern. Mindestens zwei Millionen Touristen werden in Rio erwartet, die bei den bunten Shows der leicht bekleideten Tänzerinnen und Tänzer im Sambodrom dabei sein wollen.

Inmitten dieser größten Open-Air-Party der Welt mussten die brasilianischen Behörden vor wenigen Tagen den Gesundheitsnotstand für insgesamt drei Bundesstaaten erklären. Immer mehr Menschen erkranken an Dengue-Fieber, sodass die Spitäler mit der Versorgung der Patienten kaum nachkommen. Zehn Gesundheitszentren wurden in Rio de Janeiro errichtet, um Menschen mit Symptomen rasch behandeln zu können. Das Militär hat ein Feldlazarett errichtet.

Schwerer Dengue-Ausbruch

Seit Jahresbeginn sind in Brasilien fast 400.000 Fälle der durch die Aedesmücken übertragenen Virus-Erkrankung gemeldet worden – viermal so viele Fälle wie im gleichen Zeitraum des Jahres 2023. Neben dem Bundesstaat Rio ist der bevölkerungsstarke Staat Minas Gerais betroffen sowie der Bundesdistrikt mit der Hauptstadt Brasilia. Bisher sind 50 Menschen nachweislich an Dengue-Fieber gestorben. Weitere Todesfälle werden derzeit geprüft.

In Rio wurden allein im Jänner mehr als 11.200 Fälle registriert – im gesamten Vorjahr waren es 23.000 Fälle gewesen. Knapp 400 Personen mussten in Rios Krankenhäuser behandelt werden.

Tipp für Karnevalbesucher: „Zieht euch lange Kleidung an“

In den besonders betroffenen Vierteln von Rio de Janeiro setzen die Behörden Fahrzeuge ein, die Insektizide versprühen, um die Verbreitung der Aedesmücke zu unterbinden. Diese können auch in nur wenig stehendem Wasser in Lacken, Kübeln oder Pflanzenübertöpfen brüten. In Rio verteilen die Behörden täglich Moskitosprays und Kopfbedeckungen an die Feiernden in den Straßen.

Außerdem wird den Karnevalteilnehmern geraten, auf ihre Kleidung zu achten. „Bedecken Sie den Körper, lange Ärmel, lange Hosen. Ich weiß, das widerspricht dem Dresscode beim Karneval“, sagt Katherine O’Reilly, Regionaldirektorin von International SOS, ein Unternehmen, das Gesundheitsrisiken analysiert und weltweit Firmen bei Gesundheitsnotfällen unterstützt. „Das wichtigste ist Vorbeugung. Wird man nicht gestochen, wird man auch nicht mit Dengue-Fieber angesteckt.“

„El Niño“ lässt es regnen

Als Ursache für die rasche Ausbreitung des Dengue-Fiebers wird das heiße Wetter in Kombination mit starken Regenfällen gesehen. Aufgrund des Wetterphänomens El Niño kommt es verstärkt zu Niederschlägen in Brasilien. Diese Voraussetzungen begünstigen die Vermehrung von Stechmücken und damit die Ausbreitung von Dengue-Fieber und anderen Krankheiten, die durch die Insekten übertragen werden.

Erst vor wenigen Tagen erklärte der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebre­yesus, der in Brasilien auf Besuch war und mit Präsident Luiz Inácio Lula da Silva zusammentraf, dass der aktuelle Dengue-Ausbruch in Brasilien „Teil eines weltweiten Anstiegs des Denguefiebers mit mehr als 500 Millionen Fällen und mehr als 5000 Todesfällen“ sei, die im vergangenen Jahr aus 80 Ländern in allen Regionen der Welt außer Europa gemeldet worden ­seien. Weltweit gilt Dengue-Fieber als die häufigste und sich am schnellsten ausbreitende durch Mücken übertragene virale Erkrankung. 

Impfkamagne mit neuem Vakzin läuft an

Brasilien hofft auf Abhilfe durch eine neue Impfung, die erst seit dem Vorjahr verfügbar ist: Vor wenigen Tagen ist eine Impfkampagne mit diesem neuen Vakzin angelaufen, vorerst sollen Zehn- bis 14-Jährige geimpft werden. Brasilien hat 5,2 Millionen Dosen des vom japanischen Arzneimittelhersteller Takeda entwickelten Dengue-Impfstoffs Qdenga ­gekauft, weitere 1,32 Millionen Dosen wurden der Regierung laut Gesund­heits­ministerium unentgeltlich zur Verfügung gestellt.

Brasilien hat im März 2023 den Impfstoff zugelassen und ist laut Gesundheitsministerium das erste Land weltweit, dass eine Dengue-Impfung im öffentlichen Gesundheitssystem anbietet. Bei den Gesprächen zwischen WHO-Chef Ghebre­yesus und Präsident Lula da Silva ging es vorrangig um die Produktion von Impfstoff gegen Dengue: Denn diese könnte schon bald ausgeweitet werden und dann soll Brasilien als Impfstoffproduzent weltweit eine wichtige Rolle spielen.

Früherkennung senkt Sterberisiko auf unter ein Prozent

An Impfstoffen gegen das Dengue-Fieber, das sich oftmals als akute fiebrige Erkrankung äußert, wird seit vielen Jahren gearbeitet. Sie sollen gegen alle vier Subtypen der Erreger zuverlässig schützen und vor allem nicht die Gefahr in sich bergen, dass eine eventuell trotzdem nachfolgende Infektion zu einem schweren Krankheitsverlauf führt. Menschen, die bereits eine Dengue-Infektion überstanden haben, haben das Risiko, bei einer neuerlichen Ansteckung mit einem anderen Erreger-Subtyp schwer zu erkranken. Die Früherkennung, der Zugang zu medizinischer Versorgung und die neue Impfung senken die Sterberate unter ein Prozent.

Fakten

Dengue-Fieber ist eine durch Aedesmücken übertragbare Virusinfektion, die sich oftmals als akute fiebrige Erkrankung äußert, sich aber auch zu einer Krankheit mit potenziell tödlichen Komplikationen entwickeln kann.

Die weltweite Verbreitung von Dengue-Fieber ist in den letzten Jahrzehnten dramatisch angestiegen. Dengue-Fieber kommt weltweit in tropischen und subtropischen Klimazonen vor, oftmals in städtischen Gebieten.

In mehreren asiatischen und lateinamerikanischen Ländern ist das schwere Dengue-Syndrom eine der Hauptursachen für schwere Erkrankungen und Todesfälle bei Kindern. Die Früherkennung und der Zugang zu einer medizinischen Versorgung senkt die Sterberate unter ein Prozent.

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