Die Ich-Pleite

Niemand muss im Gehen kopfrechnen

Carolina Frank
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Ich frage mich: Sind Menschen mit Knieproblemen große Denker?

Denken schadet den Knien, hat man jetzt herausgefunden. Wenn man es im Gehen macht. Gut, dass das die griechischen Philosophen nie erfahren haben, die gern im Gehen philosophiert haben sollen. Wer weiß, ob Aristoteles sonst die Logik erfunden hätte. Apropos Logik. Ich habe die Logik ja nicht erfunden, aber ich frage mich: Sind dann Menschen mit Knieproblemen große Denker? Aber ich sehe schon, wie Aristoteles streng den Zeigefinger hebt. Ich soll doch bitte nicht schwafeln, sondern endlich einen Satz mit Wahrheitswert sagen. Also gut. Eine medizinische Studie hat ergeben, dass Denken im Gehen zu einer winzigen Fehlstellung der Hüften führt, die wiederum zu einer winzigen Fehlstellung der Knie führt. Auf Dauer kann man davon Arthrose bekommen. Ich weiß nicht, ob es ­knieproblemmäßig einen Unterschied macht, ob jemand schon beim Zusammenrechnen von zwei und zwei denken muss oder erst bei der Quadratwurzel von 367.

Aber man könnte natürlich sagen: Niemand muss im Gehen kopfrechnen. Das ist ein rein philosophisches Problem. Aber so einfach ist es nicht. Denn wenn man in sein Smartphone tippt, denkt man auch. Behauptet die Studie. Damit ist praktisch die gesamte smartphonierende Jugend, Smombies genannt (von Zombie, nur mit Smartphone), von ­vorzeitiger Arthrose bedroht. Denn Smombies tippen immer. Auch wenn sie gerade die Straße überqueren, in die U-Bahn einsteigen oder am Sonntag neben den Eltern hertrotten. Ich weiß nicht, ob die Forscher jetzt Smombies dazu raten, das Denken aufzugeben oder das Gehen. Eines steht jedenfalls fest: Wenn sie zufällig auf einen Autofahrer stoßen, der im Sitzen „denkt“, könnten sie womöglich nie in das Alter kommen, wo die ­Arthrose schlagend wird.

 (Die Presse Schaufenster, 9.2.2023)

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