Szene aus dem Jahr 2014: eine Familie vor einem bekannten Weltkriegs-Denkmal in Awdijiwka.
Donbass

So lebte Awdijiwka: Nachruf auf eine ausgelöschte Stadt in der Ukraine

Awdijiwka hat zehn Jahre Krieg überlebt, bevor es zerstört und seinen Bewohnern geraubt wurde. Es war ein Industriestädtchen mit viel Grün, einem Baggersee und neuen Spielplätzen. Es war eine Stadt im Aufbruch. Vor allem war es eine Stadt mit den vielleicht liebenswürdigsten Einwohnern des ganzen Donbass.

Ich sehe die Videos und kann nichts erkennen. Sind das die Häuser an der Uliza Worobjowa, dort, wo auch die Kleingärten der Bewohner lagen? Sind diese Brandruinen etwa die hohen Wohnblöcke zwischen Zentrum und Kokerei? Ist das die Schule, in der Switlana unterrichtete? Die aus Autofenstern aufgenommenen Clips sind verwackelt. Sie zeigen gesichtslose Zerstörung. Aus Gebäuden sind Gerippe, aus Bäumen verkohlte Stumpfe, aus Straßen Schutthalden geworden. Alles ist grau. Ich erkenne Awdijiwka nicht wieder.

Seit Russland seinen großen Krieg begonnen und zum Sturm auf Awdijiwka gerufen hat, sind die Menschen aus der Stadt vertrieben worden. Weniger als 1000 von früher 22.000 sollen in Kellern ausgeharrt haben. Nun ist das Schicksal der Siedlung besiegelt: Die Russen haben in diesen Tagen eine unbewohnbare Trümmerlandschaft eingenommen, so wie zuvor in Bachmut, Soledar oder Marynka.

Seit zehn Jahren im Krieg

Als ich im September 2016 zum ersten Mal die Stadt besuchte, war Awdijiwka vom Krieg gezeichnet. Doch im Vergleich zur totalen Zerstörung von heute waren die Wunden wie Kratzer: unschön, aber sie würden verheilen. Awdijiwka war eine Frontstadt nördlich von Donezk. Die Grenze zwischen dem ukrainisch kontrollierten Gebiet und dem Territorium, das die von Moskau unterstützten Kämpfer für sich beanspruchten, verlief am Ortsrand. Der Krieg war seit 2014 in Awdijiwka immer wieder zu Gast. Die Donezker Verbände feuerten auf Awdijiwka, das sie zu Beginn des militärischen Konflikts kurzzeitig kontrolliert hatten und das sie wiedergewinnen wollten.

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