Lesenswertes über Computerspiele und Politik, Punk-Style und Bierzeltmusik, Dinos und Wale sowie die Ambivalenz der Wiener Aufklärung.
Als Dinos die Erde besiedelt haben, und wie Wale leben
Sachinformationen als Comics verpackt. Das einfache wie eingängige Erfolgsrezept funktioniert auch bei den zwei Neuerscheinungen im Loewe-Verlag: Darin lädt MK Reed ein, auf den Spuren der Dinosaurier zu wandeln (illustriert von Joe Flood), und Casey Zakroff lüftet die Geheimnisse der Wale (illustriert von Pat Lewis). Bewusstsein für den Artenschutz schaffen beide, zumal sie ausgestorbene bzw. vom Aussterben bedrohte Tiere behandeln. Dazu mengt sich bei den Dinosauriern allerlei Historisches, für die Zielgruppe der über Neunjährigen passend aufbereitet. Auch die persönlich gehaltenen Einleitungen Forschender sowie die Glossare am Ende sprechen an. Der Wissensvermittlung tun originelle Formate jedenfalls gut, vor allem, wenn man Jüngere erreichen möchte. (gral)
Politik und Spiele
Spiele sind politisch. Aber was bedeutet das? Dem nähert sich der Sammelband in einer beeindruckenden inhaltlichen Breite an. Mit dabei ist auch eine Reihe von Texten österreichischer Spieleforscher. Der Innsbrucker Germanist und Mitherausgeber Tobias Unterhuber etwa setzt sich mit digitalen „Killerspielen“ und dem Diskurs um die (Selbst-)Zweckhaftigkeit des Spiels aus pädagogischer Sicht auseinander (dessen Anfang ist schon beim Übergang zur Moderne zu verorten!). Peter Färberböck (Uni Salzburg), Experte für historische Game Studies, wiederum gibt Einblicke in die Geschichte um die Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole in Videospielen. Und die Wiener Historiker Alexander Preisinger und Lorenz Prager untersuchen, wie Politskandale mithilfe von spielbasierten Interventionen kommentiert werden. (cog)
Punk-Style und Bierzeltmusik
Flyer für queere Clubs, Bierbänke in Festzelten oder Totenköpfe auf T-Shirts – mit diesen alltäglichen Objekten sind bestimmte musikalische Assoziationen verknüpft. Vorliegender Sammelband (Mitherausgeber ist Ralf von Appen, Uni für Musik und darstellende Kunst Wien) untersucht, wie die Musikkultur durch Materialität geprägt wird. Der Kulturanthropologe Adrian Ruda nimmt sich etwa des rebellischen Impetus des Totenkopfes an. Er zeigt, dass der Punk-Style Motive adaptierte, die ursprünglich in militärischen Zusammenhängen standen (und nicht mit Piraten oder Religion zu tun hatten). Der Musikwissenschaftler André Doehring und der Soziologe Kai Ginkel widmen sich dem Festzelt und dem politischen Potenzial, das es im Kontext des österreichischen Rechtspopulismus entfaltet. (cog)
Zensur und Tauwetter
Im katholisch geprägten deutschsprachigen Süden hatte es die Aufklärung schwer. Sie wurde in Literaturgeschichten als wenig kreativer Rezeptionsprozess beschrieben. Tatsächlich ist das relativ heteronome Literatursystem der Habsburger Monarchie charakterisiert durch ein verzögertes Einsetzen der Aufklärung, die dann aber beschleunigt verlief (und bald wieder abgewürgt wurde). Gleichzeitig wies es mediengeschichtlich sehr moderne Phänomene auf. Der Wiener Germanist Norbert Christian Wolf hat diese Prozesse, die zu den Besonderheiten österreichischer Kultur führten, exemplarisch anhand von Debatten und Schriften untersucht. Er widmet sich Texten von Aloys Blumauer und Johann Pezzl und zeigt die Widersprüchlichkeit der Wiener Aufklärung am Beispiel der „Zauberflöte“ auf. (cog)