Ukraine

Biden rächt Nawalnys Tod mit den bisher härtesten Sanktionen

Joe Biden umarmt Julia Nawalnaja bei einem Treffen in San Frrancisco.
Joe Biden umarmt Julia Nawalnaja bei einem Treffen in San Frrancisco. Imago
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Die Biden-Regierung verhängt zum Jahrestag des Ukraine-Kriegs 500 neue Sanktionen gegen russische Personen und Unternehmen.

Zuerst ließ Joe Biden die Symbolik sprechen. Sieben Tage nach dem Tod Alexej Nawalnys traf der US-Präsident in San Francisco Julia Nawalnaja und deren Tochter Darja, die an der Stanford University in Palo Alto studiert. Er drückte den beiden sein Mitgefühl aus und würdigte so das Wirken des russischen Kreml-Kritikers.

Am Freitag, pünktlich zum Jahrestag der russischen Invasion in der Ukraine, kündigte die Biden-Regierung die bis dato härtesten Sanktionen gegen Russland an. Die Strafmaßnahmen treffen mehr als 500 Personen und Unternehmen. Darunter sind auch drei Beamte, die im Zusammenhang mit dem Tod Nawalnys in der sibirischen Strafkolonie nördlich des Polarkreises stehen.

Die Sanktionen zielen auf den Finanzsektor und den militärisch-industriellen Komplex in Russland, auf Banken, auf Transport-, Logistik und Stahlfirmen. Zudem nahm die US-Regierung auch Unternehmen in China, der Türkei, Indien, Südkorea oder den Vereinigten Arabischen Emiraten ins Visier, die Russland dabei unterstützen, die Sanktionen zu umgehen. Die Maßnahmen würden sicherstellen, „dass Putin einen noch höheren Preis für seine Aggression im Ausland und seine Unterdrückung im eigenen Land zahlt“, sagte Biden. Putin habe sich verkalkuliert.

Mutter unter Druck

In Russland dagegen setzten die Behörden Ljudmila Nawalnaja weiter unter Druck. Sie setzten der Mutter Alexey Nawalnys ein Ultimatum: Entweder sie stimme einem Begräbnis ihres Sohnes ohne Teilnahme der Öffentlichkeit innerhalb von drei Stunden zu, oder er werde im Straflager bestattet. Erst am Donnerstag hatte sie den Leichnam ihres Sohnes, den in einem arktischen Straflager gestorbenen russischen Oppositionspolitiker, sehen dürfen.

Tagelang war sie von einem Ort im eisigen Nordwestsibirien zum nächsten gefahren, von der Strafkolonie, zur nächsten Klinik, zum Leichenschauhaus. Ihren Sohn hatte Ljudmila Nawalnaja zunächst dennoch nicht gefunden.

Am Donnerstagabend ging es dann offenbar ganz schnell: „Heimlich brachten sie mich in die Leichenhalle, wo sie mir Alexej zeigten“, sagte sie in einer eineinhalbminütigen Videobotschaft danach. Das war in nächsten größeren Stadt Salechard, etwa eine Autostunde entfernt im Osten des Straflagers, dort gibt es auch einen Flughafen. Sie habe 24 Stunden alleine mit Ermittlern und Kriminalbeamten verbracht, sagte sie.

Bizarres Schauspiel

Das so bizarre wie niederträchtige Schauspiel um den Leichnam Nawalnys, der vor drei Jahren einen Giftanschlag russischer Geheimdienste überlebt hatte und dessen Namen Wladimir Putin nie in den Mund nimmt, spielt das Regime jedoch weiter. „Ich habe die Sterbeurkunde unterschrieben, in der steht, dass Alexej eines natürlichen Todes gestorben ist. Laut Gesetz hätten sie mir sogleich den Leichnam übergeben müssen. Doch das haben sie bisher nicht getan.“ Stattdessen werde ihr gedroht, sagte Ljudmila Nawalnaja: „Die Zeit spielt gegen Sie“, habe ihr ein Ermittler gesagt, der Körper verwese bereits.

Sie werde erpresst: „Sie wollen mich an den Rand eines Friedhofs bringen, in die Nähe eines frischen Grabes und mir sagen: ,Hier ruht Dein Sohn‘. Ich bin damit nicht einverstanden,“ sagt sie im Video.

Nach russisch-orthodoxem Glauben – und Nawalny war ein tiefgläubiger Mensch – ist es Usus, den Toten nach drei Tagen zu beerdigen. Die Bitten der Familie aber schlugen die Behörden aus. Sie hören auch nicht die Hilferufe russischer Oppositioneller und Künstler. „Traditionelle Werte? Du Putin zerstörst diese traditionellen Werte, die du so anpreist“, sagt Sängerin Nadeschda Tolokonnikowa, einst mit der Band „Pussy Riot“ bekannt geworden.

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