Olha Menjajlo steht in dem Keller, in dem russische Soldaten sie fast einen Monat lang gefangen hielten.
Russische Besatzung

Ein ukrainisches Dorf in einen Keller gepfercht: „Noch einmal überleben wir das nicht“

Russische Soldaten hielten Olha Menjajlo in einem Keller gefangen – gemeinsam mit 360 anderen Dorfbewohnern. Während der fast einmonatigen Tortur führte sie ein Tagebuch. Mit der „Presse“ ist die Frau noch einmal in das Verlies hinabgestiegen. Die Gefangenschaft ist vorüber. Doch die Angst ist geblieben.

Steile Stufen führen in den Keller hinab. Olha Menjajlo steigt als Erste hinunter. Eine Lampe beleuchtet die schmalen Betonstiegen. „Licht gab es keines“, sagt Olha. „Wir saßen die ganze Zeit im Dunkeln.“ Unten im Gemäuer riecht es modrig. Die Luft ist feucht und kalt. „Damals war es stickig und heiß“, sagt Olha. „Man konnte kaum atmen.“

Damals, vor genau zwei Jahren, hielten die Russen 369 Dorfbewohner in dem Keller fast einen Monat lang gefangen. 369 Dorfbewohner auf 170 Quadratmetern. Olha war eine von ihnen.

Olha, 47 Jahre alt, eine große Frau mit braunen Augen und halblangem Haar, die jetzt durch diesen Keller geht, die Hände in den Jackentaschen, aufrecht, bedächtig, gefasst, wie bei einer Tatortbegehung. Es sind keine Menschen mehr hier, nur noch Zurückgelassenes von damals: Stühle und Kartonstücke zum Sitzen, verbeulte Mineral­wasserflaschen, eine dunkle Jacke, ein dreckiges Kissen, Stofftiere, russische Zeitungen, die die Besatzer die Gefangenen lesen ließen. „Warum Russlands Präsident die Spezialoperation durchführt“, titelt eine. „Wir befreien euch von den Nazis“, hätten die Soldaten stolz angekündigt. Warum sperrten sie die Dorfbewohner dann ein?

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