Berlinale

„Des Teufels Bad“: Silberner Bär für Kameramann aus Wien

Kamera von Martin Gschlacht: Szene aus „Des Teufels Bad“ von Veronika Franz und Severin Fiala.
Kamera von Martin Gschlacht: Szene aus „Des Teufels Bad“ von Veronika Franz und Severin Fiala.Ulrich Seidl Filmproduktion
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Martin Gschlacht wurde bei der Berlinale für seine Bildarbeit an »Des Teufels Bad« ausgezeichnet. Der Goldene Bär ging an eine Doku über Kunstrückgabe nach Afrika.

„He’s the best!“, rief die rasch auf die Bühne gestürmte Wiener Filmemacherin Veronika Franz: Der Beste, das ist Martin Gschlacht, der für „Des Teufels Bad“ die Kamera geführt hat. Diesem düsteren Psychothriller von Franz und Severin Fiala, in dem die Sängerin Anja Plaschg höchst intensiv eine von Schwermut geplagte Bäuerin spielt, hätten Kenner auch andere Auszeichnungen, für Plaschg etwa oder als bester Film, zugetraut. Nun wurde es zumindest der Silberne Bär für herausragende künstlerische Leistung, eben für die Kamera von Gschlacht.

Der Goldene Bär ging an einen Dokumentarfilm, an „Dahomey“ von der französischen Regisseurin Mati Diop, der die Rückführung von Kunstschätzen aus einem Pariser Museum an das Königreich Dahomey schildert. Den großen Preis der Jury bekam der Koreaner Hong Sang-soo für „A Traveler’s Needs“, eine Komödie mit Isabelle Huppert, den Preis der Jury der Franzose Bruno Demont für den Science-fiction-Film „L’empire“. Für die beste Darstellung wurde Sebastian Stan ausgezeichnet, der für den Psychothriller „A Different Man“ etliche Gesichtsoperationen mimen musste, für die beste Regie der Dominikaner Nelson Carlo für „Pete“, einen Film über ein Flusspferd.

Führungswechsel beim Festival

An der heurigen Berlinale kritisierten manche die Reduktion des Angebots („nur“ 287 Filme), manche sehen das als vernünftiges Gesundschrumpfen, andere als Zeugnis der Schwierigkeiten, die die Berlinale in den letzten vier Jahren unter der Ägide von Carlo Chatrian und Mariëtte Rissenbeek hatte, Publikum, Sponsoren, Politik und Kritik bei Laune zu halten. Deren Amtszeit geht nun zu Ende. Ein Resümee ist schwierig. Einerseits konnte Chatrian als künstlerischer Leiter fraglos neue Akzente setzten: Während sein Langzeitvorgänger Dieter Kosslick einen vergleichsweise populistischen Zugang zur Filmkultur pflegte, rückte Chatrian fordernde, avantgardistische und cineastisch geschulte ästhetische Zugänge in den Vordergrund – vor allem in der Schiene „Encounters“, aus deren Premieren sich z. B. die Viennale gern Perlen für Wien herauspickte. Dafür waren ihm Lob und Dank der international gut vernetzten Kunstkino-Kennerschaft sicher.

Andererseits ist es Chatrian auch in seinem letzten Jahr nicht gelungen, diese Haltung im Wettbewerb zu profilieren, der bis zuletzt vor kompromisshafter Beliebigkeit strotzte: Inhaltlich und formal wagemutige Arbeiten wie Mati Diops „Dahomey“ liefen hier Seite an Seite mit netten Nebenwerken arrivierter Autorenfilmer („Hors du temps“ von Olivier Assayas) und chinesisch coproduziertem Weltkino-Edelkitsch („Shambhala“ von Min Bahadur Bham). Dieser Fleckerlteppich gründet auf Traditionen und Partnerstrukturen der Berlinale; was keine Rechtfertigung dafür ist, dass sich der Wettbewerb des Festivals anno 2024 von seiner allgemeinen Anmutung her kaum von dem der Ära Kosslick unterschied. Wobei es Kosslick weit besser als Chatrian und Geschäftsleiterin Rissenbeek verstand, jede Profillosigkeit medienwirksam mit Charme, Schmäh und Starglanz zu überspielen.

Hinzu kommt Chatrians Versäumnis, ein jüngeres Publikum abzuholen. Dazu hätte etwa eine stärkere Inklusion queerer Perspektiven ins Rennen um den Goldenen Bären beitragen können – an passenden Filmen mangelte es der heurigen Berlinale nicht. Doch um Kleinodien wie Jane Schoenbruns lyncheskes Coming-of-Age-Drama „I Saw the TV Glow“ zu erkennen, bedarf es der behutsamen Adjustierung eines oft allzu rigiden Qualitätsschemas. Bleibt abzuwarten, ob die US-Amerikanerin Tricia Tuttle, die die Berlinale-Intendanz ab April übernimmt, das ändert.

Zumindest Österreich kann sich über ein rundum gelungenes Berlinale-Jahr freuen: Außer „Des Teufels Bad“ liefen dort etwa: Ruth Beckermanns dokumentarisches Volksschulporträt „Favoriten“, Josef Haders berückende Dorfdramödie „Andrea lässt sich scheiden“ sowie Anja Salomonowitz’ „Mit einem Tiger schlafen“, eine ungewöhnliche Filmbiografie der Malerin Maria Lassnig mit Birgit Minichmayr in der Hauptrolle.

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