Energie

Genug Strom und Gas für Österreich, aber Ökostrom-Ziel bis 2030 wackelt

Für heuer ist die Strom- und Gasversorgung im Land gesichert, sagt die E-Control.
Für heuer ist die Strom- und Gasversorgung im Land gesichert, sagt die E-Control. IMAGO/Christoph Hardt
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Die Versorgungssicherheit sei heuer auch ohne russisches Gas gesichert, sagt die E-Control. Bei Strom seien 2030 kaum noch Importe notwendig. Nur das Ziel, es mit Ökostrom zu schaffen, dürfte verfehlt werden.

Wien. Im Jahr zwei nach der Energiekrise ist die Versorgung Österreichs mit Strom und Gas weitgehend gesichert. Das ist das Ergebnis des aktuellen Monitoringberichts der E-Control. Erdgas ist inzwischen nicht nur so billig, wie zuletzt vor der Invasion der Russen in die Ukraine. Es gibt auch wieder mehr als genug davon in Europa. Die Speicher sind so voll, dass Österreich selbst bei einem sofortigen Lieferstopp Russlands mit 19 Prozent Speicherfüllstand aus der Heizperiode käme. Ändert sich nichts, wären die nach dem Winter zu 67 Prozent voll. In beiden Fällen gilt: Die Versorgung für das kommende Jahr ist jedenfalls gesichert.

„Die LNG-Mengen sind da und auch die notwendigen Transportmöglichkeiten“, sagt E-Control-Chef Alfons Haber. Österreich bezieht zwar bekanntlich immer noch vorwiegend russisches Erdgas, hat aber inzwischen auch genug andere Möglichkeiten. Die LNG-Terminals in Italien und Deutschland sind bei weitem nicht ausgebucht, hier könnten Lieferanten also Kapazitäten buchen und auch die Leitungen aus Deutschland und Italien seien vorerst groß genug, um genügend nicht-russisches Gas ins Land zu holen. Mittelfristig ist ein Ausbau der Infrastruktur vor allem nach Deutschland (Stichwort: WAG-Loop) aber unumgänglich, so der Regulator.

Russisches Gas ist nicht teurer

Ein Gesetz zum sofortigen Ausstieg aus russischem Gas, wie es die Neos fordern, sieht E-Control-Expertin Carola Millgramm dennoch skeptisch. Zwar seien alternative Mengen für heuer gesichert, langfristig könnte das Land aber dennoch in Probleme laufen, sagt sie. Völlig ungeklärt ist auch, ob und unter welchen Bedingungen die OMV aus ihrem langfristigen Liefervertrag mit der russischen Gazprom aussteigen könne. Ob das dritte Gaspaket der EU wirklich als Hebel für einen Ausstieg diene, sei fraglich. Eine Chance, den OMV-Vertrag auf die Probe zu stellen, biete sich vielleicht Ende des Jahres, wenn der Transitvertrag von Gazprom durch die Ukraine ausläuft. Der Regulator geht nicht davon aus, dass Gazprom einen weiteren Vertrag erhalten wird, wohl aber, dass andere Händler das Gas bei Bedarf aus Russland in den Westen bringen könnten. Ob der Gasliefervertrag mit Gazprom dann noch als erfüllt gelte oder sich eine Chance auf einen Ausstieg bietet, wisse jedoch im besten Fall die OMV selbst.

Sicher ist, dass der Abschied von russischem Gas die Preise heben würde. Schon bisher hat Österreich „länger mit der Preisexplosion bei Gas zu kämpfen als andere Staaten“, sagt E-Control-Chefökonom Johannes Mayer. Das liege aber nicht daran, dass russisches Gas teurer sei, wie oft behauptet wird. „Egal woher das Zeug kommt, es ist immer in etwa so teuer wie an den europäischen Börsen“, so Mayer. Der Österreich-Aufschlag sei vielmehr eine Folge der Einkaufspolitik der heimischen Versorger. Diese würden tendenziell lange im Voraus Gasmengen einkaufen, womit niedrigere Preise erst mit größerer Verspätung bei den Kunden landen. Umgekehrt hatten die Österreicherinnen und Österreicher auch zu Beginn der Gaspreiskrise noch vergleichsweise lange Schonfrist, bevor auch sie wirklich mehr zahlen mussten. An der Rolle von Gas für das heimische Energiesystem werde sich in den kommenden Jahren einiges ändern, so die E-Control. Aber vor allem für die Industrie und die Stromversorgung werde Erdgas weiter von großer Bedeutung bleiben.

70 Prozent mehr Kraftwerksleistung

Auch bei der Versorgung mit Strom gibt der Regulator Entwarnung: Das Land ist in seiner Stromerzeugung mit viel Wasser-, Wind- und Solarkraft zwar extrem wetterabhängig. Dennoch bleibt 2017 das bisher letzte Jahr, in dem Österreich es nicht geschafft hätte, einen dreiwöchigen Versorgungstopp mit eigenen Reserven zu decken. Im Jahr 2022 ist der Kraftwerkspark im Land um 1,256 Gigawatt gewachsen, der Großteil davon waren Solaranlagen. Der Strombedarf ging hingegen um 1,8 Prozent zurück. Auch international hat sich die Lage entspannt, wie eine Simulierung der europäischen Netzbetreiber zeigt: Da die meisten AKW wieder einsatzbereit sind und ausreichend Erdgas vorhanden ist, gibt es auch genug Strom für Importe.

Derzeit ist Österreich vor allem im Winter stark auf Stromimporte angewiesen. Das soll sich bis 2030 ändern, sagt die E-Control. Nach den Vorgaben der Regierung soll sich das Land dann bekanntlich bilanziell zu hundert Prozent mit Ökostrom selbst versorgen. Dafür werde die Kraftwerksleistung in Summe um 70 Prozent auf 41 Gigawatt steigen, so Haber. Die Hälfte des Kraftwerksparks bestehe dann aus Wind- und Solaranlagen, ein Drittel aus Wasserkraft und der Rest aus thermischen Kraftwerken.

Ökostrom-Ziel bis 2030 wackelt

Obwohl Österreich dann vor allem im Sommer große Überschüsse an Ökostrom produzieren wird, wird in den Wintermonaten bis Februar weiter eine Lücke bestehen bleiben. Die gute Nachricht: Bei einer Simulation von 1000 Wetterjahren hat sich gezeigt, dass das Land in fast allen Fällen mit eigenen Reserven, also Speichern oder dem Anwerfen von thermischen Kraftwerken, über die Runden kommt. Sollte es zur Dunkelflaute kommen, gebe es also nur in wenigen Jahren wirklich Importbedarf. „In Summe sind wir nur ein paar Minuten im Jahr nicht Selbstversorger“, sagt Mayer.

Die schlechte Nachricht: Das Ziel der Regierung, die Versorgung 2030 schon zur Gänze mit Erneuerbaren zu stemmen, dürfte nicht erreicht werden. Je nach Wetterlage könne das Land zwar in manchen Jahren unterm Strich mehr Ökostrom erzeugen als es braucht. Die starke Anstieg beim Strombedarf (gerechnet wird mit plus 25 Prozent) durch die Elektrifizierung von Verkehr, Industrie und Raumwärme führe aber „tendenziell zu einer erneuerbaren bilanziellen Unterdeckung“.

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