Sozialgelder

Deutschland: „Mr. Cash Money“ und seine 24 Kinder

Jonathan A. soll 24 Kinder als seine anerkannt haben (Symbolbild).
Jonathan A. soll 24 Kinder als seine anerkannt haben (Symbolbild).Sean Gallup / Getty Images
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Ein deutscher Staatsbürger mit nigerianischen Wurzeln hat laut Ermittlern für 24 Kinder die Vaterschaft anerkannt – rund eineinhalb Millionen Euro Sozialgelder sollen pro Jahr fließen.

Es ist nicht so, dass Jonathan A. seinen Reichtum versteckt hätte. Er wirft mit Bargeld um sich, protzt mit seinem Audi, seiner Kleidung, seinen teuer eingerichteten Wohnungen. Die Videos, die der deutsche Staatsbürger unter seinem Alias „Mr. Cash Money“ auf Tiktok gestellt hat, waren in der vergangenen Woche im Fernsehen zu sehen. Nun sollen wegen ihm sogar Gesetze geändert werden.

Denn das Geld für seine Eskapaden bekommt Jonathan A. vom deutschen Steuerzahler. Zu diesem Ergebnis kommt eine Recherche der Sicherheitskooperation Ruhr, die sich im Auftrag des deutschen Bundeslandes Nordrhein-Westfalen mit Clankriminalität beschäftigt. Das Fernsehmagazin „Kontraste“ der ARD berichtete über den Fall: 24 Kinder hat A. als seine anerkannt. Rund eineinhalb Millionen Euro an Sozialhilfe werde laut den Ermittlern für die Riesenfamilie ausbezahlt – pro Jahr.

Riesenfamilie von A. zählt insgesamt 94 Personen

Nicht nur die Kinder, auch die aus mehreren afrikanischen Ländern stammenden Mütter und ihre engsten Verwandten dürfen in Deutschland leben. Insgesamt 94 Personen sollen auf diese Weise ins Land gekommen sein. Sie alle sind darauf angewiesen, dass Jonathan A. sich als Vater der Kinder ausgibt. Wie viel Sozialhilfe die einzelnen Personen konkret bekommen, ist unklar. Bei den geschätzten eineinhalb Millionen Euro würde das pro Person aber etwas mehr als 15.000 Euro im Jahr bedeuten.

Um die 24 Kinder als seine anerkennen zu lassen, muss A. nicht deren leiblicher Vater sein. Nach dem deutschen Gesetz reicht ein einfacher Notariatsakt, dem die Mutter zustimmen muss. Die Ermittler aus Nordrhein-Westfalen sehen darin eine Masche: Deutsche Staatsbürger bieten ausländischen Frauen mit Kindern an, die Vaterschaft zu übernehmen. Diese können dadurch legal einwandern: Auch enge Verwandte bekommen ein Aufenthaltsrecht. Theoretisch werden die Männer zwar unterhaltspflichtig. In der Praxis dürfte es aber oft zu Abmachungen kommen, bei denen die Sozialhilfe unter den Beteiligten aufgeteilt wird.

Professor: „Zum Himmel schreiender Missbrauch“

Der den deutschen Behörden als mittellos gemeldete Dortmunder Jonathan A. mag besonders viele Kinder anerkannt haben – er ist aber kein Einzelfall. Das Problem soll dem deutschen Innenministerium schon länger bekannt sein. Im Jahr 2017 wurden die vermuteten Missbrauchsfälle auf eine mittlere vierstellige Zahl und die Kosten für die Steuerzahler auf rund 150 Millionen Euro pro Jahr geschätzt. Diese Auswertung legte die Sicherheitskoordination Ruhr der ARD vor. Die eineinhalb Millionen Euro Sozialgelder für die Riesenfamilie von Jonathan A. rechneten die zu Clankriminalität recherchierenden Behörden aus diesen Zahlen hoch.

Der Fall des „Mr. Cash Money“ könnte für eine Gesetzesänderung sorgen. Denn die Anerkennung von unzähligen Vaterschaften am Papier ist im Prinzip nicht illegal. Die deutschen Gesetzgeber waren offenbar nicht davon ausgegangen, jemand könnte sich als Vater mehrerer Kinder erklären, zu denen er keine Beziehung hat und für die er auch nicht sorgen will. „Die geltende Regelung ermöglicht einen zum Himmel schreienden Missbrauch“, sagte der deutsche Rechtsprofessor Harald Dörig der deutschen Zeitung „Welt“. „Das Gesetz muss dringend geändert werden. Die Ausländerbehörden müssen von Anfang an in das Verfahren einbezogen werden“. Er wünscht sich eine behördliche Prüfung, ob zwischen dem Vater und dem Kind mindestens seit einem Jahr eine Beziehung besteht.

Jonathan A. heiratete selber eine Deutsche

Die deutsche Bundesregierung plant eine Gesetzesreform, mit der die Ausländerbehörden bei Vaterschaftserkennungen einbezogen werden. Bei Verdacht auf Missbrauch kann der deutsche Staat zwar schon jetzt einschreiten. Nur wird nicht immer geprüft. Ist die Vaterschaft einmal anerkannt, ist es kaum möglich, sie wieder abzuerkennen, sagt Dörig. Selbst, wenn Missbrauch festgestellt wird.

Jonathan A. dürfte demnach seine 24 Kinder erstmal behalten. Damit fließen wohl weiter Sozialgelder. Zum deutschen Staatsbürger wurde der Nigerianer laut „Welt“ übrigens auch über die familiäre Bande: Er heiratete eine Deutsche, erlangte so ein Aufenthaltsrecht und schließlich den deutschen Pass.

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