Volvo EX30

So stellt man sich das Apple-Auto vor

Super clean: Fast keine Knöpfe und Schalter im Cockpit des Volvo EX30. Sogar die Außenspiegel werden über den zentralen Bildschirm eingestellt.
Super clean: Fast keine Knöpfe und Schalter im Cockpit des Volvo EX30. Sogar die Außenspiegel werden über den zentralen Bildschirm eingestellt. Clemens Fabry
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Volvos kleiner Stromer bietet vieles davon, was von Autos schon lang gefordert wird. Das bedeutet allerdings auch, dass da und dort Abstriche zu machen sind.

Die ausufernde Knöpferllandschaft in Auto-Cockpits war zumindest vor dem flächendeckenden Einzug des Touchscreens ein drängendes Thema. Wir zählten einmal 64 Knöpfe, Schalter und Rädchen; da fehlte nicht viel zum Airbus-Cockpit.

Das wurde durch die Verlagerung ins Digitale bereits eingedämmt. Der Zug zum Bildschirm ist ohnehin die Zukunft, denn die Hersteller sparen durch den Wegfall vieler kleiner Bauteile samt ihrer Verkabelung Baukosten und reduzieren die Komplexität.

Von vertrauenserweckender Statur, von den Rücksitzen aus betrachtet ein Kleinwagen: Volvo EX30 mit prominentem Display, über das fast alles gesteuert wird.
Von vertrauenserweckender Statur, von den Rücksitzen aus betrachtet ein Kleinwagen: Volvo EX30 mit prominentem Display, über das fast alles gesteuert wird. Fabry

Aber so konsequent aufgeräumt, wie Volvo das Interieur des neuen EX30 präsentiert, war das noch von keinem Hersteller zu sehen. So clean stellte man sich das Apple-Auto vor (von dem man nun weiß, dass es nicht kommen wird): Alles ist im Bildschirm (übrigens auch Google als Betriebssystem – statt Apple).

Handschuhfach öffnen? Bildschirm. Außenspiegel einstellen oder einklappen? Über den Bildschirm.

Tacho in der Mitte

Und der Tacho? Auch auf dem zentralen 12,3-Zoll-Screen zu erhaschen; somit nicht im Blickfeld liegend (dafür wird man elektronisch ermahnt, sobald man zu schnell fährt – mit Nulltoleranz und ohne echte Verlässlichkeit der Tempoerkennung recht nervig). Grad vorausgeschaut, ist nichts mehr zwischen Lenkrad und Windschutzscheibe, außer, dass einen die diskret verbaute Kamera als Aufmerksamkeitsassistenz taxiert.

Aufgeräumt: Vor dem Lenkrad eine Einrichtung zur Überwachung des Menschen am Steuer („Aufmerksamkeitsassistent“).
Aufgeräumt: Vor dem Lenkrad eine Einrichtung zur Überwachung des Menschen am Steuer („Aufmerksamkeitsassistent“). Clemens Fabry

Das Prinzip Tabula rasa ist zunächst irritierend und empfiehlt den Volvo kaum als Mietwagen mit vielen wechselnden Benutzern. Es vereinfacht auch nicht alles, wenn man etwa zum Spiegeleinstellen auf einem Bildschirm tapsen muss, statt dies nahezu blind mit dem gewohnten Handgriff an der Seite zu erledigen.

Aber lassen wir gelten, dass es letztlich doch funktioniert – und dass es einen Look kreiert, in dem das Autofahren mit irgendetwas anderem verschmolzen ist, in einer Lounge sitzen zum Beispiel. Dass man dennoch ein Auto befehligt, daran erinnert das ausnehmend schön und handlich geformte Lenkrad, das sich auch nah an den Körper heranziehen lässt (dies ohne Bildschirm), sodass man reaktionsschnell aus den Armgelenken lenken kann, wie es gehört.

Und schnelle Reaktionen können durchaus gefragt sein, denn der (in China gebaute) EX30 ist ein aufgewecktes Kerlchen. Fast schon zu aufgeweckt, wenn es um behutsames Anfahren geht, bei dem also nicht gleich die Köpfe in die Nackenstützen peppeln. Das könnte man milder abstimmen.

Es passt freilich zum äußerst straff abgestimmten Fahrwerk, das seine Insassen permanent knufft, von zärtlich bis intensiv, und keine Unklarheiten über den Fahrbahnzustand duldet. Immerhin hat man das mit einer Dämpfung ohne Härte hinbekommen, aber so straff muss man’s schon wirklich mögen.

Wie ein Sportwagen

Das Fahrgefühl ist in der Folge äußerst knackig. Die ebenfalls verfügbare Allradversion mit nochmals deutlich mehr Leistung (400 PS!) scheint uns schon over the top. Mit den 200 Kilowatt an der Hinterachse – Volvo hat ja umgestellt von vorn auf Heckantrieb – lässt sich jedes Ampelduell gewinnen, die Werksangabe deutet das mit 5,3 Sekunden von null auf 100 bereits an – das ist ein Sportwagenwert.

Wer das nicht braucht oder haben möchte und stattdessen weniger ausgeben will, wird sich für für die Einstiegsversion interessieren (die wir noch nicht gefahren sind), sie kommt allerdings mit kleinerem Akku, und der mag vielen vielleicht schon zu wenig Reichweite bieten.

Interessantes Heck, allerdings kein Riesen-Kofferraum dahinter: Volvo EX30.
Interessantes Heck, allerdings kein Riesen-Kofferraum dahinter: Volvo EX30. Clemens Fabry

Mit nutzbaren 64 kWh lässt sich weitgehend das Auslangen finden; um die 300 Kilometer sind eine robuste Untergrenze, unter Idealbedingungen geht deutlich mehr. Das Ladekabel verstaut man im Frunk (und entlastet den Kofferraum).

Als progressiv gedacht kann man auch die Größe des EX30 interpretieren – statt Maßlosigkeit ist es ist nämlich ein kleines Auto, auch wenn es durch den SUV-Zuschnitt nicht so wirkt. Spätestens, wenn ein Erwachsener auf der Rückbank (durch den engen, unbequemen Zugang) Platz genommen hat, wird klar: Hier ist nicht mehr Platz als in einem Kleinwagen.

Kein Problem: Volvo lacht viele Besserverdiener an, die sich über ihre tatsächlichen Platzbedürfnisse klar geworden sind und den großen Rucksack nicht brauchen. Aber Familien mit mehr als einem Kind scheiden als Zielgruppe von vornherein aus. Wenn nicht schon preislich, denn die EX30-Tarife sind selbstbewusst wie seine Statur.

Volvo EX30 Single Motor Extended Range Ultra

Maße: L/B/H: 4233/1836/1549 mm. Radstand: 2650 mm. Leergewicht: 1850 kg. Kofferraum: 318+7 Liter.

Antrieb: PSM an der Hinterachse. Leistung: max. 200 kW (272 PS). Max. 343 Nm. Batterie: 64 kWh (netto, „Extended Range“). Ladeleistung: AC/DC max. 11/153 kW. 0–100 in 5,3 sec. Vmax: 180 km/h.

Testverbrauch: 18,6 kWh.

Preis: ab 48.830 Euro („Ultra“).

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