Festnahme in der Türkei

Ex-Präsident der österreichischen Aleviten ist wieder in Wien

Mehmet Ali Çankaya (l.) ist Ehrenpräsident der Frei-Aleviten in Österreich.
Mehmet Ali Çankaya (l.) ist Ehrenpräsident der Frei-Aleviten in Österreich.Özgür Turak
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Dem Österreicher Mehmet Ali Çankaya wurde in der Türkei „Terrorpropaganda“ vorgeworfen. Die Anklage gegen ihn bleibe aufrecht, erzählt er. Das Ausreiseverbot wurde aufgehoben, am Sonntag ist er in Wien gelandet.

Am Sonntag betrat Mehmet Ali Çankaya nach mehr als zwei unsicheren Wochen wieder Wiener Boden. Wenige Tage zuvor wurde das Ausreiseverbot gegen ihn aufgehoben; in diesen Tagen, erzählt Çankaya, „ging alles ganz schnell“. Das Verfahren gegen ihn in der türkischen Provinz Erzincan werde inzwischen weitergeführt; für März sei die nächste Sitzung anberaumt. Ob er selbst daran teilnehmen müsse, also wieder in die Türkei fliege, sei einstweilen noch nicht ganz klar.

Çankaya ist österreichischer Staatsbürger und betreibt in Wien mehrere Bäckereien. Er bekleidete 15 Jahre lang das Amt des Präsidenten der Föderation der Aleviten in Österreich, mittlerweile ist er Ehrenpräsident. Mitte Februar, nach einem Aufenthalt in der Türkei, nahmen ihn die Beamten am Flughafen Istanbul kurzzeitig fest. Nach einer Beschwerde werde gegen ihn ermittelt, hieß es.

Im vergangenen Jahr, während des Präsidentschaftswahlkampfes in der Türkei, haben sich einige alevitische Verbände mit der linken Opposition solidarisiert und auch in Europa Veranstaltungen abgehalten. Çankayas Teilnahme an einer dieser Veranstaltungen in Köln, wo auch die Regierung Recep Tayyip Erdoğans scharf kritisiert wurde, legt ihm die Anklage zur Last. Bereits kurz nach seiner Festnahme hieß es, dass ihm Terrorpropaganda vorgeworfen werde, Çankaya bezeichnete die Anschuldigungen als „absurd“ und „konstruiert“. Insgesamt habe die Justiz drei Dossiers vorbereitet, erzählt Çankaya. Neben der Kölner Veranstaltung gehe es um seine Teilnahme an einer Gedenkfeier nördlich von Paris: Vor einem Jahr erschoss dort ein Franzose drei Kurden vor dem Kulturzentrum Ahmet Kaya.

Ob die Gedenkfeier einen politischen Hintergrund gehabt habe, wollten die türkischen Beamten bei der Befragung wissen, sagt Çankaya, zumal dort auch PKK-Sympathisanten teilnahmen. „Aber für uns war die Teilnahme deswegen wichtig, weil unter den Opfern ein alevitischer Künstler war.“

Einsatz des Außenministeriums

Im dritten Dossier habe die Anklage Reden und Statements von Çankaya als Aleviten-Vertreter zusammengetragen, in denen er vor allem die schwierige Lage der Aleviten in der Türkei kritisierte – und auch Erdoğans Regierung. Çankaya glaubt, dass er schon länger unter Beobachtung stand, doch erst nach der letzten Beschwerde sei die türkische Justiz schließlich aktiv geworden. Details über besagte Beschwerde habe er keine erhalten; lediglich die Information, dass sich Ende Jänner jemand an die türkischen Behörden gewandt habe, mit dem Hinweis zur Veranstaltung und Pressekonferenz in Köln (in der deutschen Stadt befindet sich eine Dachorganisation alevitischer Verbände). Für Çankaya sowie für Anhänger türkischer Oppositionsparteien ist dieser jüngste Fall erneut ein Beweis dafür, dass Ankara die Aktivitäten der türkeistämmigen Diaspora genau registriert.

Verwundert habe ihn letztlich, dass die Justiz das Ausreiseverbot gegen ihn vergleichsweise rasch aufhob. Çankaya vermutet, dass die österreichischen Behörden hier Druck gemacht haben. Aus dem Außenministerium in Wien heißt es dazu, dass die österreichischen Vertretungen in Istanbul und Ankara in ständigem Austausch mit Çankaya und seiner Rechtsvertretung waren – und dass sich die Vertretungen für eine Aufhebung der Ausreisesperre eingesetzt hätten.

Die alevitische Gemeinde in Österreich ist gespalten und trennt sich an der Frage, wie nahe die Glaubensgemeinschaft dem Islam steht. Die Frei-Aleviten, deren Präsident Çankaya war, sieht sich als völlig losgelöst vom Islam.

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