Archäologie

Älteste Spiele: Mensch aus der Steinzeit, ärgere dich nicht!

Die Königin Nefertari spielt Senet: eine ägyptische Grabmalerei von 1255 vor Christus.
Die Königin Nefertari spielt Senet: eine ägyptische Grabmalerei von 1255 vor Christus. Getty
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Ein Fund in Spanien erinnert an die ältesten Brettspiele. Wo sind sie entstanden, wie funktionierten sie? Und hatten sie auch eine kultische Bedeutung?

Ein seltsames Brett aus Keramik, mit runden Vertiefungen, sorgfältig aufgereiht, dazu 25 Plättchen aus demselben Material, die genau in die Löcher passen: Nein, das ist keine Gussform für Artefakte aus Bronze, auch kein Teil eines Ofens. Die Archäologen sind sich sicher: Das ist ein Brettspiel, was sie da in einem eisenzeitlichen Castrum im Nordwesten Spaniens entdeckt haben. Es wundert sie auch nicht, dass die Platte in viele Teile zerstückelt vor der Mauer des befestigten Dorfes vergraben lag. Genau das kennt man nämlich von den ältesten solcher Spiele, die man in Jordanien gefunden hat: Auch dort wurden sie sehr oft bewusst zerbrochen und eingegraben, zusammen mit kleinen Tonstatuetten von Tieren und Menschen, wahrscheinlich zu kultischen Zwecken. Das deutet darauf hin, wie wichtig die Spiele unseren Vorfahren waren.

Die ältesten Funde aus der Jungsteinzeit, auf mindestens 6000 Jahre vor Christus datiert, hat man in Beidha gefunden, in der Nähe von Petra: Zwei Reihen mit je vier Vertiefungen, verbunden durch dünne Kerben. Nur wenig jünger sind zwei komplett erhaltene Spieltafeln aus hartem Kalkstein aus Ain Ghazal, einem Vorort von Amman. Aber was wurde dort gespielt, auch mit bunten Kieseln als Spielsteinen, die es in der Gegend gar nicht gibt und die offenbar gehandelt wurden?

Wohl eine frühe Vorform von Mancala. Das ist ein bis heute in vielen Weltregionen praktiziertes Strategiespiel, bei denen Steinchen, Samen oder Bohnen in Mulden umverteilt werden, in 800 überlieferten Varianten. Im Prinzip geht es meist darum, die meisten Steine aus dem Spiel zu schlagen oder den Gegner zugunfähig zu machen. In der Regel spielt man zu zweit, zuweilen treten aber auch Teams gegeneinander an.

Das „königliche Spiel von Ur“, in Mesopotamien im dritten Jahrtausend v. Chr. entstanden, kann schon als Vorläufer von Backgammon gelten. Seinem Namen zum Trotz war es in allen sozialen Schichten verbreitet. Ein kunstvoll verziertes Brett dazu kann man im British Museum in London bestaunen. Wie bei allen „race games“ gilt es, seine Spielsteine als Erster bis zum Ende einer Strecke zu bewegen, mit einer Kombination aus Würfelglück und klugen Zügen.

Das trifft auch auf Senet zu, das im alten Ägypten ungemein beliebt war, vor allem bei der Oberschicht bis hinauf zu den Pharaonen. Es ähnelte unserem Mensch-ärgere-dich-nicht: Die beiden Spieler bewegten ihre kegelförmigen Figuren auf 30 Feldern vorwärts, von der „Geburt“ über „Glück“- und „Unglück“-Felder bis zum „Haus des Guten“. Gewürfelt wurde mit Plättchen aus Knochen, auf denen Zählstriche eingeritzt waren. Das wissen wir deshalb so genau, weil es beschrieben und auf Wandmalereien abgebildet wurde, oft in Szenen von Festen und Banketten.

Ein kühner „Move“ der Griechen

Auch die alten Griechen spielten leidenschaftlich, „Pente Grammai“, das Fünf-Linien-Spiel. Hier gewann, wer als erster seinen Figuren über eine „heilige Linie“ in der Mitte brachte, der sich die Spieler von beiden Seiten näherten. Wie genau das funktionierte, darüber rätseln die Gelehrten. Vor allem darüber, warum Spieler die Steine, die sie schon in Sicherheit gebracht hatten, wieder „von der heiligen Linie wegbewegen“ – was sich sprichwörtlich in vielen altgriechischen Texten findet und wohl auf einen seltenen, kühnen und aggressiven Spielzug verweist.

Und was ist mit Asien? Aus China stammt das älteste Spiel, das sich durchgehend bis in unsere Tage unverändert erhalten hat: Über Go zerbrechen wir uns seit 2500 Jahren den Kopf. Und dann natürlich Schach, das Spiel der Spiele, das wir den Indern verdanken. Es entwickelte sich zwischen dem dritten und sechsten Jahrhundert. Vom Subkontinent gelangte es über Persien und Arabien bis zu uns. Was sich da an spielerischer Raffinesse entfaltet, gereicht dem Menschengeschlecht zur Ehre. Aber irgendwie mussten wir ja anfangen – mit Kieselsteinen in Mulden.

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