Ideologie

Graz, die Keimzelle des KPÖ-Comebacks

Die Spitzenkandidaten der KPÖ für die Nationalratswahl Bettina Prochaska und Tobias Schweiger.
Die Spitzenkandidaten der KPÖ für die Nationalratswahl Bettina Prochaska und Tobias Schweiger. APA /Erwin Scheriau
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Gefestigte Strukturen, die Grünen als Personalpool und ein langgedientes Mastermind: Wie die Kommunisten – ungeachtet ihrer Verbrechensgeschichte – salonfähig wurden.

Auch Tobias Schweiger ist einer jener vormals Jungen Grünen aus Graz, die 2017 im Streit mit der Parteiführung unter Eva Glawischnig hinausgeworfen wurden. Wie auch Kay-Michael Dankl. Dieser hat die Kommunisten in Salzburg nun zu einem Wahlerfolg geführt. Tobias Schweiger wird die KPÖ als Spitzenkandidat in die Nationalratswahl führen – als Doppelspitze mit der Salzburger Intensivpflegerin Bettina Prochaska.

Warum er ausgerechnet bei der KPÖ gelandet ist? „Seit meiner Jugend war Ungerechtigkeit ein großes Thema für mich“, sagt Tobias Schweiger. Und die KPÖ sei ihm als der richtige Ort erschienen, „an dem man direkt für die Menschen etwas unternehmen kann“. Und die blutige Vergangenheit der kommunistischen Bewegung? „Die KPÖ hat die Verbrechen des Stalinismus spät, aber sehr gründlich aufgearbeitet“, findet Schweiger. Er gesteht zwar zu, dass die KPÖ seinerzeit unter ihrem Langzeit-Parteichef Franz Muhri „sehr stark in Verbindung zu Moskau“ gewesen sei, legt aber Wert darauf, dass die KPÖ, die im Widerstand gegen den Nationalsozialismus war und die Zweite Republik mit aufgebaut hat, nie antidemokratisch gewesen sei.

Graz ist das Zentrum des Kommunismus in Österreich. Salzburg ist eine erfolgreiche Zweigstelle. Der Wiederaufstieg der totgeglaubten Austro-Marxisten begann in der Steiermark. Verkörpert von Ernest Kaltenegger. Der Kopf dahinter, das Mastermind bis heute, ist allerdings sein Vorgänger als steirischer KPÖ-Chef: Franz Stephan Parteder, Lebensgefährte der Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr. „Unsere Strategie ist: Wir bauen Strukturen immer von unten nach oben auf“, sagt Parteder. Die Erfolge in Salzburg-Stadt, aber auch in Hallein und Wals-Siezenheim, böten nun weitere Möglichkeiten dazu. Er würde Dankl zwar wünschen, Bürgermeister zu werden. Allerdings würde das auch nicht einfach werden, da die KPÖ nur über einen Sitz in der Stadtregierung verfügen würde, die SPÖ hätte zwei.

In der Steiermark hatte die KPÖ stets entsprechende organisatorische Strukturen. „Wir profitieren von unseren Erfahrungen, die wir weitergebeben können“, so Parteder. Nicht nur ehemalige Junge Grüne, sondern auch etliche Ex-SJ-er hätten in der Steiermark zur KPÖ gefunden, erzählt Parteder. „Lauter junge qualifizierte Menschen.“

Und wie finanziert sich die KPÖ? Das vom Vermögen der Fini Steindling noch etwas übrig ist, verneint man in der Partei. Aber man hat noch Immobilienbesitz, der auch von der Partei selbst genutzt wird. Und es gibt immer wieder Erbschaften von verstorbenen Genossen. Und Förderungen der öffentlichen Hand. In Summe, heißt es, stehe die Partei finanziell aber nicht allzu gut da. Und es würden auch keine Landesförderungen für die Bundespartei verwendet.

Marxismus, Leninismus, Stalinismus

Auch wenn sich die KPÖ heute von Stalin distanziert, von Karl Marx tut sie es freilich nicht. „Er war der Erste, der die Komplexität des Kapitalismus und dessen Schwierigkeiten auf den Punkt gebracht hat“, meint Tobias Schweiger. „Man kann von Marx viel lernen über die Welt“. Das „Kommunistische Manifest“ sei für ihn ein „Versprechensbuch der Befreiung“. Darin heißt es übrigens gegen Ende: „Die Kommunisten verschmähen es, ihre Ansichten und Absichten zu verheimlichen. Sie erklären es offen, dass ihre Zwecke nur erreicht werden können durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnung.“ Man müsse das aus der Zeit heraus verstehen, sagt Schweiger: „Damals gab es noch Kaiserreiche und Unterdrückung.“

Franz Stephan Parteder meint zu den immer wiederkehrenden Vorhalten – von Leninismus bis Stalinismus: „Wir arbeiten das auf. Für mich persönlich ist die Lehre daraus: Das Wichtigste sind Gewaltenteilung und Demokratie. Da gibt es kein Zurück.“

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