Kultur

Neues Pratermuseum in Wien eröffnet

Das neue Museum wurde in nachhaltiger Holzbauweise errichtet.
Das neue Museum wurde in nachhaltiger Holzbauweise errichtet.APA / Hans Klaus Techt
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In dem Neubau wird die 250-jährige Geschichte des Freizeitparks erzählt - mit all den hellen und dunklen Kapiteln.

Der Wiener Wurstelprater ist um eine Attraktion reicher - und damit auch das städtische Kulturleben: Am Freitag eröffnet das neue Pratermuseum. Auf 200 Quadratmetern Ausstellungsfläche will man in dem in nachhaltiger Holzbauweise errichteten Gebäude die rund 250-jährige Historie des Erholungs- und Vergnügungsareals in all ihren Facetten erzählen. Entsprechend dicht drängen sich die Artefakte. Für Nostalgie ist dabei ebenso Platz wie für kritische Blicke in die Vergangenheit.

„Kommen Sie! Schauen Sie“, leuchtet den Besucherinnen und Besuchern gleich einmal in Neonschrift entgegen, wenn sie vom mit einem riesigen Prater-Wimmelbild ausgestatteten und gratis begehbaren Foyer über den Stufenaufgang in die erste der beiden Ausstellungsebenen gelangt sind. Und zu schauen gibt es tatsächlich jede Menge. Hier dreht sich eine XXL-Fortuna aus dem gleichnamigen Ringelspiel, dort wartet ein Watschenmann auf Bewunderung. Der „Internationale Heiraths Vermittlungs Bureau“ erzählt genauso von den mit Sehnsüchten aufgeladenen Ort wie die nackte liegende Venus aus dem damaligen Wachsfigurenkabinett. Pläne, Gemälde und Fotografien geben einen Eindruck von der Topografie des Praters und seinem sozial äußerst durchmischten Leben ebenso wie von historischen Amüsementstätten oder vom üppigen Gastronomieangebot.

„Spuren im kulturellen Gedächtnis“

Thematisiert wird auch der Niederschlag des Praters in Literatur, Musik und Film - von Schnitzler bis Jelinek, von Mozart bis Der Nino aus Wien, von „Der dritte Mann“ bis „Wilde Maus“. „Es gibt keinen zweiten Ort in Wien, der so viele Spuren im kulturellen Gedächtnis hinterlassen hat“, meinte Werner Michael Schwarz, neben Susanne Winkler für die Konzeption der Dauerschau verantwortlich, am Donnerstag in einer Pressekonferenz. Die Öffnung des kaiserlichen Jagdgebiets durch Joseph II. für die Allgemeinheit im Jahr 1766 sei geradezu „revolutionär“ gewesen, war das Areal ab dann nämlich für die Allgemeinheit unabhängig des sozialen Status kostenlos zugänglich.

Diese Offenheit ohne Konsumzwang sei noch heute ein wesentliches Merkmal des Praters, der sich dadurch auch von anderen Vergnügungsparks in vielen Städten der Welt unterscheide, schwärmte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). Dazu komme, dass die Fahrgeschäfte und Gaststätten hier seit jeher von Familienbetrieben geführt würden. Diesen „Praterdynastien“ ist in einer „Hall of Fame“ ein eigenes kleines Ausstellungskapitel gewidmet.

Doppelt so große Ausstellungsräume

Der Stadtchef betonte zudem, dass der Neubau im Vergleich zum vormaligen Pratermuseum als Teil des Planetariums nun über doppelt so große Ausstellungsräumlichkeiten verfüge. Hier könne man auch nachvollziehen, wie sehr technische Novitäten Niederschlag im Freizeitpark gefunden hätten - etwa die anlässlich der Weltausstellung 1873 errichtete und später abgebrannte Rotunde, die 1895 eröffnete Kulissenstadt „Venedig in Wien“ inklusive Gondeln in künstlichen Kanälen oder in Form von komplizierten Apparaturen. Dioramen oder Grottenbahnen boten zudem Fenster in fremde Länder.

300 physische Objekte und noch einmal in etwa genau so viele in digitaler Form hält das neue Pratermuseum unweit des Riesenrads für sein Publikum bereit. Manche von ihnen bezeugen auch „Dinge, die wir heute nicht mehr dulden würden“, verwies Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) etwa auf die Zurschaustellung körperlich beeinträchtigter Menschen oder das Zeigen von Wildtieren unter quälerischen Bedingungen. Diesen unrühmlichen Aspekten nähert sich das Museum in Form von Interviews mit Historikerinnen und Historikern. Auf diese Form der Aufarbeitung setzt das Kuratorenduo auch in Bezug auf die NS-Zeit, in der jüdische Praterunternehmer verfolgt, beraubt und ermordet wurden.

Zu den 200 Quadratmetern eigentlicher Ausstellungsfläche kommen noch einmal 110 Quadratmeter Foyer dazu, das von zwei Seiten kostenfrei betretbar ist und auch für Veranstaltungen genutzt werden kann. Für die Praterschau selbst muss ein Ticket für 8 Euro gelöst werden. Die Stadt selbst ließ sich das neue Haus, das eine Bauzeit von rund eineinhalb Jahren in Anspruch nahm, als Dependance des ebenfalls erst kürzlich wiederöffneten Wien Museums 4,1 Millionen Euro kosten. (APA)

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