Literatur aus den Niederlanden

Gerbrand Bakker: Dem Hipster ist alles egal

Gärtner, Eisschnelllauftrainer und Autor, dessen Bücher in 20 Sprachen übersetzt wurden: Gerbrand Bakker, geboren 1962 in Wieringerwaard, Niederlande.
Gärtner, Eisschnelllauftrainer und Autor, dessen Bücher in 20 Sprachen übersetzt wurden: Gerbrand Bakker, geboren 1962 in Wieringerwaard, Niederlande. Foto: Marc Brester/A Quattro Mani/Suhrkamp Verlag.
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In seinem Roman „Der Sohn des Friseurs“ erzählt Gerbrand Bakker von einem egozentrischen Mann und seinem verschwundenen Vater.

Simon Weiman ist Friseur. Als Jugendlicher noch ein ambitionierter Wettkampfschwimmer, zieht er heute, mit Mitte 40, nur für sich seine Bahnen im Schwimmbad. Er trinkt gern Espresso und manchmal Weißwein, er hat keine Familie, keine Beziehung, nur gelegentlich Sex mit wechselnden Männern. Sein Amsterdamer Haus ist das seines Großvaters, der inzwischen im Altersheim lebt, und auch der Friseurladen, in dem er nur ein paar Stammkunden empfängt, um sich nicht zu überarbeiten, ist der seines Großvaters und heißt auch noch nach ihm: „Chez Jean“. Simons Vater ist, als seine Mutter Anja mit Simon schwanger war, 1977 verschwunden, beim bisher schlimmsten Unfall der Luftfahrt ums Leben gekommen, so geht die Geschichte, als eine KLM-Maschine ohne Startfreigabe während des Abhebens auf dem Flughafen von Teneriffa mit einer Pan-Am-Maschine kollidierte. Als Opfer identifiziert wurde der Vater jedoch nie. Besonders dafür interessiert, was der Vater, der diese Reise niemandem angekündigt hatte, überhaupt in dieser Maschine gemacht haben soll, in der sich auch einer seiner Friseurpraktikanten befand, hat sich Simon allerdings auch nie wirklich. Er lebt einfach vor sich hin.

Emotional aus der Reserve locken

Simon ist die Hauptfigur in Gerbrand Bakkers Roman „Der Sohn des Friseur“, der auf Niederländisch 2022 erschien und in der Übersetzung von Andreas Ecke auf Deutsch vorliegt. Von seiner Mutter wird Simon gleich eingangs mit einem vielsagenden Wort beschrieben: Er sei „indolent“, sagt sie. Indolent meint sowohl schmerzunempfindlich als auch gleichgültig, träge, keine Gemütsbewegung erkennen lassend – eine Zuschreibung, die Simon nicht recht zu passen scheint. Tatsächlich zielen die Geschehnisse in „Der Sohn des Friseurs“ genau darauf ab, Simon emotional aus der Reserve zu locken, sodass diese Zuschreibung der Mutter wie eine Angabe für den gesamten Roman erscheint.

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