Wort der Woche

Mehr Plastik durch den Klimawandel

Die Klimaerwärmung verstärkt auch die Verschmutzung der Umwelt mit Plastikmüll und Mikroplastik – ein durchaus überraschender Zusammenhang. 

Wir leben in einer Zeit der multiplen Bedrohungen unserer Umwelt – von Klimawandel und Biodiversitätsschwund über Umweltverschmutzung und Flächenverbrauch bis hin zu Überdüngung und Versauerung der Weltmeere. Jedes dieser Probleme ist schwierig zu bekämpfen; verkompliziert wird die Sache noch dadurch, dass die Bedrohungen auf vielfältige Weise miteinander verknüpft sind. Manche dieser Zusammenhänge sind leicht erkennbar – etwa bei Bodenverbrauch und Artensterben. Doch nicht immer ist es so offensichtlich: Laut einer schwedisch-chinesischen Forschergruppe um Xin-Feng Wei (KTH Royal Institute of Technology, Stockholm) hängen auch Klimaerwärmung und Plastikverschmutzung eng zusammen. „Steigende Temperaturen und Luftfeuchtigkeit verändern die Eigenschaften von Kunststoffen und tragen zur Entstehung von Abfall, Mikroplastik und der Freisetzung gefährlicher Stoffe bei“, schreiben die Polymerforscher in einem Kommentar in „Nature Communications(online 6. 3.).

Aus der Faustregel, dass eine Erwärmung um zehn Grad die Geschwindigkeit chemischer Reaktionen verdoppelt, folgt, dass Alterung und Abbau von Polymeren in einer wärmeren Welt beschleunigt ablaufen; dabei macht sich insbesondere die starke Zunahme von Hitzetagen bemerkbar, die z. B. Reifengummi heftig zusetzen. Bei hygroskopischen (wasseranziehenden) Kunststoffen, wie etwa Polyamiden oder Polyestern, spielt auch die erhöhte Luftfeuchtigkeit infolge der globalen Erwärmung eine große Rolle. Und ein dritter wichtiger Faktor ist die Zunahme der Sonnenstunden.

Diese Einflussgrößen bewirken, dass Plastikgegenstände schneller altern und daher früher durch neue Produkte ersetzt werden müssen. Das erhöht nicht nur die Menge an Plastikabfall, sondern vermindert auch dessen Qualität und Recyclingfähigkeit. Die höheren Temperaturen führen überdies dazu, dass Zusatzstoffe zu Plastik, wie etwa Weichmacher, rascher in die Umwelt entweichen. Und in Kombination mit der verstärkten UV-Strahlung wird auch der Zerfall von Kunststoffen zu Mikroplastik beschleunigt.

Ein zentraler Schluss daraus: Der Klimawandel treibt die Nachfrage nach Kunststoffen an – und die steigende Produktion von Plastik verschärft wiederum den Klimawandel weiter. „So entsteht ein sich selbst verstärkender Kreislauf, der einen Teufelskreis zwischen Klimawandel und Plastikverschmutzung schafft“, so die Forscher.

Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist nun Wissenschaftskommunikator am AIT.

meinung@diepresse.com
diepresse.com/wortderwoche

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