Randerscheinung

Wer geht mit dem Hund raus?

Florian Asamer
Florian Asamer Carolina Frank
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„Kinder, kann bitte irgendjemand später noch mit dem Hund rausgehen, wir gehen noch Rad fahren“, rufe ich da neulich also nach oben. Stille. Ich hätte „Essen!“ rufen sollen, denke ich mir.

„Hallo?“, versuche ich es ein zweites Mal. „Ich muss leider lernen“, ruft der Mittlere aus dem ­kleinen Zimmer und bricht damit als Erster das Schweigen. „Ich geh’ dann Fußball spielen“, schreit der Jüngste gleich darauf aus dem großen Zimmer. Kurze Pause. „Ich hab’ nasse Haare“, fällt dem Ältesten, der im mittleren Zimmer sitzt, gerade noch ein, und er beendet damit den Absagereigen. „Wir haben einen Föhn“, rufe ich hinauf. Am Ende ist dann der Älteste die Runde gegangen. Bei seiner Rückkehr, wir sind auch wieder zu Hause, sagt der Mittlere gerade: „Ich hab’ noch nie so wenig für eine Prüfung gekonnt wie dieses Mal.“ „Doch, das letzte Mal“, meint der Jüngste, und er hat – fürchte ich – recht.

Ihm muss man mit seinen knapp 14 Jahren wirklich nichts mehr erzählen. Er hat alles schon gehört, einiges gesehen und hoffentlich wenig davon noch gemacht. Nachzüglern wird die Naivität im Eiltempo ausgetrieben. Ich bin übrigens ein Erst­geborener. Ich frage also den Mittleren, warum er denn nicht ein wenig anzaht. Die Prüfung ist nämlich schon in drei Tagen, und heute Abend geht er trotzdem auf eine Party. „Ich werde sicher nie ein Sozialevent wegen irgendetwas auf der Uni ausfallen ­lassen“, sagt er, während er auf dem Handy scrollt. Ich vergesse zu oft, dass er seine ersten beiden Uni-Jahre im Lockdown vor dem Laptop verbracht hat. Der Älteste, dessen Haare inzwischen trocken sind (draußen hat es 15 Grad), verschwindet nach oben. Der Mittlere folgt ihm mit Blick aufs Handy, der Jüngste packt seine Fußballsachen zusammen. Immerhin war der Hund schon draußen.

(Die Presse Schaufenster, 15.3.2024)

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