Österreich

Joanna Bator bekommt den Staatspreis für Europäische Literatur

Publiziert auch wissenschaftlich: Joanna Bator, geboren 1968 in Wałbrzych, Polen.
Publiziert auch wissenschaftlich: Joanna Bator, geboren 1968 in Wałbrzych, Polen. Magda Hueckel/Suhrkamp Verlag
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Joanna Bator ist bereits vielfach ausgezeichnet. Suhrkamp vergleicht die polnischen Autorin mit Elfriede Jelinek, manche Kritiker erinnert sie aber auch an Haruki Murakami – den sie verehrt.

Die polnischen Autorin Joanna Bator, Jahrgang 1968, erhält den Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur. „Geboren in der niederschlesischen Stadt Wałbrzych/Waldenburg, aus der die deutsche Bevölkerung ab 1945 vertrieben wurde, nimmt Joanna Bator in ihren Werken mehrfach Bezug auf die Gewaltgeschichte des Zweiten Weltkriegs, welche die Beziehungen zwischen Europa und Polen bis heute prägt. In vielschichtigen Erzählungen, in deren Zentrum meist weibliche Figuren stehen, verarbeitet Bator traumatische Erfahrungen des letzten Jahrhunderts“, heißt es in der Begründung der Jury, die heuer aus Bernhard Fetz, Benedikt Föger, Walter Grond, Claudia Romeder und Sabine Scholl bestand.

„Sie lädt belastete Orte literarisch auf, gibt den Dargestellten Raum und Stimme, bringt sie Lesenden nahe und verbindet eindrucksvoll Vergangenes mit gegenwärtigen politischen und gesellschaftlichen Realitäten. Dabei verfährt sie nie lehrhaft, sondern beobachtungsgenau, sprachlich versiert, spielerisch, voller Fantasie und Witz“, beschreibt die Jury das Werk der Polin, von der zuletzt die deutschsprachige Übersetzung ihres 800 Seiten-Roman „Bitternis“ breit rezipiert wurde. „Mit ihren literarischen Werken erzählt Joanna Bator große mitteleuropäische Geschichte aus weiblicher Perspektive.“

„Mit freundlicher Ironie begegnet Joanna Bator ihren Figuren und lässt am Rand der Welt immer wieder auch die ,große“ Geschichte aufblitzen, die das Leben von heute auf morgen verändert. Joanna Bator hat ihre Geburtsstadt Wałbrzych, aus der sie mit 19 Jahren nach Tokio, New York, Berlin und London aufgebrochen ist, auf der Landkarte der Weltliteratur eingeschrieben und den widerständigen Frauen aus Wałbrzych einen Platz im Gedächtnis der Leser:innen gesichert„, gratulierte Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) und hob auch die besondere Bedeutung der Übersetzerinnen hervor: “Denn dass wir Joanna Bators Literatur auf Deutsch lesen können, verdanken wir ihren großartigen Übersetzerinnen Lisa Palmes und Esther Kinsky.„

Joanna Bator wurde am 2. Februar 1968 geboren und lebt heute als Hochschuldozentin in Japan und Polen. Sie ist vielfach ausgezeichnet. Für ihren Roman „Dunkel, fast Nacht“ wurde sie 2013 mit dem Nike-Preis, dem wichtigsten Literaturpreis Polens, geehrt. Die 2021 erschienene Übersetzung von Lisa Palmes machte auch im deutschen Sprachraum Furore. Schon 2014 waren Esther Kinskys Übertragungen der beiden zusammenhängenden Romane „Wolkenfern“ und „Sandberg“ erschienen (und später mit dem Hermann-Hesse-Preis ausgezeichnet worden).

Suhrkamp vergleicht die polnischen Autorin mit Elfriede Jelinek, manche Kritiker erinnert sie aber auch an Haruki Murakami – den sie verehrt.

Lisa Palmes‘ Übersetzung von „Bitternis“ erhielt im Vorjahr ausgezeichnete Kritiken. „Epochal“ nannte die „SZ“ das Buch, in dem das wiederholte Scheitern weiblicher Lebensentwürfe und das Leiden der Frauen an der Fremdbestimmtheit im Mittelpunkt steht, und rühmte die sinnliche Erzählweise: „Bevor man sich von der schieren Seitenzahl einschüchtern lassen kann, fängt man durch den Text an zu hören, spüren, schmecken - und man riecht, was anderswo umständlich erklärt werden müsste.“

Der Preis

Seit 1965 wird der Österreichische Staatspreis für Europäische Literatur vom Kulturministerium vergeben. Die Auszeichnung ist mit 25.000 Euro dotiert und wird Joanna Bator am 27. Juli im Rahmen eines Festaktes während der Salzburger Festspiele offiziell verliehen. Dies gab Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) am Dienstag bekannt. Joanna Bator folgt damit der Französin Marie NDiaye nach, die die Ehrung 2023 erhielt.

Der Preis würdigt das literarische Gesamtwerk einer europäischen Autorin bzw. eines europäischen Autors, das international besondere Beachtung gefunden hat. Zu den bisher Ausgezeichneten gehören Mircea Cărtărescu, Karl Ove Knausgård, Zadie Smith, Michel Houellebecq, Drago Jančar, László Krasznahorkai und Ali Smith. (APA/red.)

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