Ukraine-Krieg

Russisches Vermögen für Waffenkäufe: Russland droht EU mit strafrechtlicher Verfolgung

EU-Außenbeauftragter Borrell mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskij.
EU-Außenbeauftragter Borrell mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskij.Reuters / Ukrainian Presidential Press Service
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Es käme Banditentum gleich, sollte die EU Einnahmen aus eingefrorenem russischen Vermögen verwenden, um die Ukraine militärisch zu unterstützen, sagt Russland. Der EU-Außenbeauftragte schätzt, dass so drei Mrd. Euro zusätzlich zur Verfügung stehen.

Russland hat die EU nachdrücklich vor einer Nutzung eingefrorener russischer Vermögenswerte zur Aufrüstung der Ukraine gewarnt. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow drohte den EU-Ländern am Mittwoch mit jahrzehntelanger Strafverfolgung. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, sprach von „Banditentum und Diebstahl“ und einem „beispiellosen Verstoß“ gegen das Völkerrecht.

„Die Europäer sollten sich des Schadens bewusst sein, den solche Entscheidungen ihrer Wirtschaft, ihrem Image und ihrem Ruf als zuverlässige Garanten der Unverletzlichkeit des Eigentums zufügen könnten“, sagte Peskow. Beteiligte Einzelpersonen und Staaten müssten „viele Jahrzehnte“ lang mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen.

200 Millionen Euro Vermögen eingefroren

Seit Beginn der russischen Offensive gegen die Ukraine hat die EU im Rahmen von Sanktionen rund 200 Milliarden Euro an russischem Vermögen eingefroren. Der Umgang mit den Geldern und eine mögliche Beschlagnahmung zur Weitergabe an die Ukraine sorgen seit Monaten für Debatten.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat nun vorgeschlagen, die Gelder nicht vollständig für die Ukraine freizugeben, aber zumindest die Zinsgewinne in Höhe von rund drei Milliarden Euro jährlich zu nutzen. Das Geld soll demnach zu 90 Prozent in Waffen und Munition für die Ukraine fließen und zu zehn Prozent in die Verteidigungsindustrie und den Wiederaufbau des Landes. Am Donnerstag sollen sich die EU-Staats- und Regierungschefs bei einem Gipfeltreffen erstmals mit dem Vorschlag befassen.

Sorgen wegen möglicher Klagen Russlands

Von Diplomaten hieß es, es sei noch unklar, ob alle Mitgliedstaaten den Vorstoß unterstützen würden. Grund seien unter anderem Sorgen wegen möglicher Klagen Russlands und Vertrauensverlusten von Anlegern. Erste Gespräche auf Spitzenebene könnte es an diesem Donnerstag beim EU-Frühjahrsgipfel in Brüssel geben.

In einem ersten Schritt für die Nutzung russischer Gelder für die Ukraine hatten die Mitgliedstaaten bereits Mitte Februar erste Gesetzestexte angenommen. Sie regeln unter anderem, dass außerordentliche Erträge aus der Verwahrung der Zentralbank künftig gesondert aufbewahrt werden müssen. In einem zweiten Schritt muss nun festgelegt werden, wie die Erträge genutzt werden.

Mehr als 200 Mrd. der russischen Zentralbank eingefroren

Den Schätzungen zufolge wird künftig jährlich ein Betrag in Milliardenhöhe anfallen, da in der EU nach Kommissionsangaben mehr als 200 Milliarden der russischen Zentralbank eingefroren wurden und die Erträge aus der Verwahrung des Kapitals laufend steigen. Das in Brüssel ansässige Finanzinstitut Euroclear hatte zuletzt mitgeteilt, 2023 rund 4,4 Milliarden Euro an Zinseinnahmen gemacht zu haben, die in Verbindung zu Russland-Sanktionen stehen.

Dass diese Gelder nicht komplett genutzt werden können, hat insbesondere damit zu tun, dass Euroclear die Freigabe eines Teils seiner Nettogewinne aus der Verwahrung russischer Vermögenswerte beantragen kann, um gesetzliche Eigenkapital- und Risikomanagementanforderungen zu erfüllen. Das Institut ist in der EU das mit Abstand wichtigste Institut, das Vermögenswerte der russischen Zentralbank verwahrt.

EU-Beamte betonen, dass es bei dem Projekt zunächst einmal nur um Einnahmen gehe, die Euroclear außerplanmäßig wegen der EU-Sanktionen gegen die russische Zentralbank mache. Es ist demnach vorerst keine Enteignung im eigentlichen Sinne geplant.

In Russland tätige EU-Unternehmen könnten zwangsenteignet werden

Als ein Grund dafür gelten rechtliche Bedenken und wahrscheinliche Vergeltungsmaßnahmen. Moskau hatte die EU bereits im vergangenen Jahr davor gewarnt, das Eigentum des russischen Staates oder russischer Bürger zu konfiszieren. Denkbar wäre es beispielsweise, dass dann auch in Russland tätige Unternehmen aus EU-Ländern zwangsenteignet werden. Zudem könnte eine direkte Nutzung der russischen Vermögenswerte auch dazu führen, dass andere Staaten und Anleger das Vertrauen in den europäischen Finanzplatz verlieren und Vermögen aus der EU abziehen. (APA/Reuters)

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