Leipziger Buchmesse

Das können wir empfehlen: 7 Kinderbücher für diesen Frühling

Von Haien über Gutenachtgeschichten bis zu geheimnisvollen Kinosälen. Die Literatur-Redaktion der „Presse“ stellt sieben herausragende Kinderbücher aus diesem Bücherfrühling vor.

Yorick Goldewijk: „Cato und die Dinge, die niemand sieht“, Aus dem Niederländischen von Sonja Fiedler-Tresp. 240 S., geb., € 15,95 (Dragonfly)
Yorick Goldewijk: „Cato und die Dinge, die niemand sieht“, Aus dem Niederländischen von Sonja Fiedler-Tresp. 240 S., geb., € 15,95 (Dragonfly)

Auf eine Zeitreise im zauberhaften Lichtspieltheater der Frau Kano

Es sind gerade Ferien, die zwölfjährige Cato lebt allein mit ihrem Vater, der der Meinung ist, sie sei nun erwachsen. Catos Mutter ist bei ihrer Geburt gestorben, aber Cato denkt jeden Tag an sie, hat von ihr nur ein rotes Sommerkleid im Kasten. Jeden Tag kommt Cornelia, die Nachbarin, um aufzuräumen, zu putzen und sogar Abendessen zu kochen, was Cato so gar nicht gefällt. Plötzlich aber tut sich ein Ausweg aus diesen festgefahrenen Umständen auf, ein altes Kino soll wieder­eröffnet werden. Frau Kano bietet Filme an, „die nirgendwo laufen“. Die neugierige Cato kommt vorbei und wird, nachdem sie Frau Kano einen hervorragend schlechten Kaffee gekocht hat, umgehend als Assistentin angestellt. Die merkwürdigen Filme stellen sich bald als Zeitreisen heraus, die von einzelnen Kunden gebucht werden. Als Cato das erste Mal als Zeitreisenbegleiterin mitdarf, geschehen unglaubliche Dinge. „Cato und die Dinge, die niemand sieht“ von Yorick Goldewijk ist ein zauberhaftes Buch über die wichtigen Dinge des Lebens, für Leser:innen ab zehn Jahren. lin

Sarah Jäger: „Und die Welt, sie fliegt hoch“, mit Illustrationen von Sarah Maus. 272 S., geb., € 20,95 (Rotfuchs)
Sarah Jäger: „Und die Welt, sie fliegt hoch“, mit Illustrationen von Sarah Maus. 272 S., geb., € 20,95 (Rotfuchs)

Warum hat Ava denn Hausarrest?

Ava war der komische Vogel. Damals, in der dritten oder vierten Klasse beim Kostümfest. Juri war Astronaut. Das fällt den beiden nun, nach fünf Jahren, wieder ein. Seit der Volksschule haben sie sich nicht mehr gesehen, jetzt hat Ava Juri eine Sprachnachricht geschickt, einfach so. Zumindest sagt sie das. Und Juri schreibt zurück. Zögerlich, wie es seine Art ist.

Zwei Teenager, die miteinander reden, schreiben. Das wird so bleiben in „Und die Welt, sie fliegt hoch“, dem witzigen wie sensiblen Roman von Sarah Jäger. Das Protokoll ihrer Unterhaltung, die querbeet über zehn Tage geht, begleiten auf jeder (!) Seite Illustrationen, die mit dem Thema Vogel und Astronaut spielen. Sarah Maus bereichert damit den Text, lockert ihn auf, zeigt auch, was ungesagt bleibt. Und das ist erst mal vieles, auf beiden Seiten. Ava hat Hausarrest, für zwei Wochen. Und das in den Sommerferien, während ihre Freunde im Schwimmbad sind, Wasserschlachten machen, Pom­mes mit viel Mayo essen. Warum Ava diese Strafe bekam, will sie nicht erzählen. Juri dagegen möchte gar nicht raus, die Welt ist ihm zu grell, zu laut, zu viel. Sein Lieblingsort ist sein Zimmer.

Sie ist anrührend zu lesen, diese Annäherung zwischen einem Mädchen, das das Leben liebt, und einem Burschen, der die größte Angst davor hat. Anrührend und oft auch so komisch, dass man laut lachen muss. Das Buch (ab zwölf Jahren) ist ein seltenes Leseglück – auch weil es sich für Burschen gleichermaßen wie für Mädchen eig­net. rovi

Jonas Hendrik: „Lotte fährt Zug“, 48 S., geb., € 16,95 (Tulipan)
Jonas Hendrik: „Lotte fährt Zug“, 48 S., geb., € 16,95 (Tulipan)

Ist das jetzt ein Zug oder ein Zoo?!

Bevor Lotte und Papa mit dem Zug losfahren, fleht Papa Lotte an: „,Sei ausnahmsweise kein Tier auf dieser Urlaubsreise und was ich sag, tust du genau!“ Und Lottes Antwort ist: „Miau.“

Ein auf klassische Weise gereimtes Kinderbuch – ein Risiko heutzutage. Man muss es sehr spritzig gestalten, damit es nicht altbacken wirkt. Außerdem sind wir viel anspruchsvoller als früher, wenn es um Literatur für (kleine) Kinder geht – man muss nur gereimte Kinderbücher der Zwischenkriegszeit oder der 1950er-Jahre lesen, um das zu merken.

Der Deutsche Hendrik Jonas kann sich das Reimen leisten. Beim Ansehen seines neuen Buchs „Lotte fährt Zug“ käme man gar nicht auf die Idee, beckmesserisch zu sein, so charmant eingebettet sind die witzigen Verse in fabelhafte Zeichnungen, an deren Details man sich nicht sattsehen kann. Zeichnen ist auch das eigentliche Metier des gebürtigen Allgäuers und studierten Illustrators, der 1999 nach Schottland zog, von dort aus für Zeitungen wie den „Guardian“ und das „Time“-Magazin arbeitete, bevor er wieder nach Berlin ging und dort sein erstes Kinderbuch zeichnete.

In „Lotte fährt Zug“ ist jede Zeichnung ein witziges kleines Kunstwerk. Lotte trifft auf einen seltsamen Passagier nach dem anderen – oder sind es etwa Tiere?! Das ist die längste Zeit nicht so klar, und am Ende gibt es eine Überraschung. Doch auch wenn sie bekannt ist – man will die Geschichte gleich wieder von vorn anfangen … sim

Tamara Bach: „Von da weg“. 172 S., geb., € 15,95 (Carlsen)
Tamara Bach: „Von da weg“. 172 S., geb., € 15,95 (Carlsen)

Der Regen klingt hier anders

In den Büchern von Tamara Bach vollbringen die Hauptfiguren keine Heldentaten, mit denen sie prahlen könnten, erleben keine großen Abenteuer. Nein, sie machen eine Klassenreise. Verlieben sich. Oder ziehen um. Es ist das ­alltägliche Leben, das Bach eindringlich beschreibt, gerade weil sie oft Leerstellen lässt. Sie zieht sich zurück und überlässt die Figur der Fantasie der Leserin, spickt ihre Romane aber mit feinen Beobachtungen. Auch so in ihrem neuen Buch, „Von da weg“.

Im Zentrum steht Kaija, deren Familie gerade von einer großen in eine sehr kleine Stadt umgezogen ist. Glücklich ist damit wohl niemand. Sogar der Regen klingt hier anders, meint Kaija. Es gibt hier kaum etwas, außer viel Vergangenheit. Und Kaija will auch niemanden kennenlernen. Nachdem ihre ehemaligen Freunde ziemlich schnell die Kommunikation mit ihr abgebrochen haben, ist sie ruppig und abweisend. Wer ist sie ohne ­ihre Clique? Und was bedeutet Freundschaft?

Das sind die Themen, die mit sehr viel Gefühl für Stimmungen verhandelt werden. rovi

Louise Fitzgerald: „Die allerkürzeste Gutenachtgeschichte der Welt“, mit Illustrationen von Kate Hindley. Aus dem Englischen von Mathias Jeschke. 32 S., geb., € 15,95 (Sauerländer)
Louise Fitzgerald: „Die allerkürzeste Gutenachtgeschichte der Welt“, mit Illustrationen von Kate Hindley. Aus dem Englischen von Mathias Jeschke. 32 S., geb., € 15,95 (Sauerländer)

Einschlafen geht damit schnell

Das Bilderbuch „Die allerkürzeste Gutenachtgeschichte der Welt“ verspricht zu Anfang genau das – eine unvergessliche Geschichte mit nur zehn Worten! „Doch noch eins, bevor wir anfangen …“ Erst müssen die Kinder in der Wohnung, vom Dachs bis zur Ente, versprechen, dass sie nach der Geschichte gleich schlafen werden – ha, ha, so sehen sie nicht aus … Warmsprechen müssen sie sich auch mit reichlich Nonsens, es sich zwischen Kissenburgen oder, „falls vorhanden, Schwabbelbäuchen“ gemütlich machen – ach ja, die Kuscheltiere sind wichtig, „ihr könntet sie von klein nach groß sortieren oder nach Farben …“.

Der unsichtbare Erzähler tut alles, um seine eigene Geschichte und den Kinderschlaf zu boykottieren – und das ist die eigentliche Geschichte in diesem Gemeinschaftswerk der Britinnen Louise Fitzgerald und Kate Hindley. Die Zeichnungen sind so entzückend, dass man vor Begeisterung gleich mit der Katze auf dem Stockbett mithüpfen möchte. Jammer­schade, dass so wenige von Kate Hindleys Bilderbüchern auf Deutsch zu haben sind! sim

Gordon Korman: „The Fort. Das Geheimnis eines Sommers“, aus dem Englischen von Kanut Kirches. 248 S., geb., € 16,95 (Beltz und Gelberg)
Gordon Korman: „The Fort. Das Geheimnis eines Sommers“, aus dem Englischen von Kanut Kirches. 248 S., geb., € 16,95 (Beltz und Gelberg)

Ein echter Bunker mitten im Wald

Ziemlich viel Zerstörung gibt es in der kleinen Stadt Canaan nach einem Hurrikan. Bei Ricky ist sogar ein Ast in sein Zimmer gekracht, weshalb er nun erst mal bei einem Schulkameraden bleiben soll. Der gar nicht erfreut ist. Immerhin will er sich mit seinen (richtigen) Freunden im Wald treffen, wo sie ein „geheimes Fort“ gebaut haben, mit einem Dach aus alten Duschvorhängen. Nun, nach dem Sturm, ist es zerstört. Aber Ricky findet etwas sehr viel Besseres: einen echten Bunker aus der Zeit des Kalten Kriegs. Gebaut von einem reichen Industriellen, der nicht mehr lebt.

„The Fort. Das Geheimnis eines Sommers“ erzählt von der Bedeutung dieses Verstecks für die Burschen – aus wechselnder Perspektive, die ein sorgfältiges Lesen erfordert. Man erfährt viel über ihre Wünsche und Sorgen und auch, warum einer von ihnen, der Draufgänger der Gruppe, bald beginnt, im Fort zu schlafen. Der kanadische Autor und Vielschreiber Gordon Korman packt viele Zwischentöne in eine Abenteuergeschichte, die man nicht mehr weglegen will. Er erzählt von Freundschaft, Selbstzweifeln und den ganz alltäglichen Gedanken von Heranwachsenden. Und auch viel von Gewalt. Sein Roman für Leser ab zwölf Jahren behält aber immer den Schwung und Witz eines Abenteuerromans. rovi

Michael Stavarič: „Faszination Haie. Wächter der Meere“, mit Illustrationen von Michèle Ganser. 144 S., geb., € 26,95 (Leykam)
Michael Stavarič: „Faszination Haie. Wächter der Meere“, mit Illustrationen von Michèle Ganser. 144 S., geb., € 26,95 (Leykam)

Haifische hören nie auf zu wachsen

Haie gehören zu den Tieren, die ihr Leben lang weiterwachsen, genauso wie Krokodile, Anakondas oder Hummer. Diesmal haben sich der Autor Michael Stavarič und die Illustratorin Michèle Ganser der Unterwasserwelt dieser Fische angenommen. „Faszination Haie“ ist der dritte Band der wunderschönen Kinderbuchreihe von Leykam, der sich mit geheimnisvollen Meeresbewohnern beschäftigt. Spannend. Ab sechs Jahren. lin

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