Ukraine-Krieg

 Schwere russische Luftangriffe auf die Ukraine 

Eine abgefangene russische Rakete in einem Park in Kiev.
Eine abgefangene russische Rakete in einem Park in Kiev. Reuters / Valentyn Ogirenko
  • Drucken

Kiew und Lwiw wurden am Wochenende massiv mit Raketen beschossen. Dabei soll Russland auch den polnischen Luftraum verletzt haben.

Russland hat bei Raketenangriffen auf die Westukraine am Sonntagmorgen polnischen Angaben zufolge kurzzeitig den Luftraum des NATO-Mitglieds Polen verletzt. Am 24. März um 4.23 Uhr habe eine Verletzung des polnischen Luftraums durch einen in dieser Nacht von einem Langstreckenflugzeug Russlands abgeschossenen Marschflugkörper stattgefunden, schrieb der Generalstab der polnischen Streitkräfte auf der Plattform X. Ziel der Angriffe seien Städte in der Westukraine gewesen.

Das Objekt sei in der Nähe der Stadt Oserdów in den polnischen Luftraum eingetreten und sei dort 39 Sekunden lang geblieben. Während des gesamten Fluges sei es von militärischen Radarsystemen beobachtet worden, hieß es weiter. Es seien alle notwendigen Verfahren zur Gewährleistung der Sicherheit des polnischen Luftraums eingeleitet worden.

 Nach Angaben von Verteidigungsminister Wladysław Kosiniak-Kamysz drang das russische Flugobjekt 1.000 bis 2.000 Meter tief auf polnisches Territorium vor. Eine Entscheidung müsse immer im Einzelfall getroffen werden. „Aber wenn es irgendeinen Hinweis darauf gegeben hätte, dass dieses Objekt auf ein Ziel im Hoheitsgebiet der Republik zusteuert, wäre es natürlich abgeschossen worden“, sagte Kosiniak-Kamysz der Agentur PAP zufolge in Krakau. Polnische und US-amerikanische Kampfjets F-16 seien aktiviert worden.

Polen zitiert russischen Botschafter ins Außenministerium

Die mutmaßliche Verletzung des polnischen Luftraums durch einen russischen Marschflugkörper am frühen Sonntagmorgen hat diplomatische Konsequenzen. Polen werde den russischen Botschafter ins Außenministerium in Warschau zitieren, der sich dazu erklären müsse, sagte Vize-Außenminister Andrzej Szejna nach Angaben der Agentur PAP. Von den Informationen des Botschafters hänge das weitere Vorgehen ab.

Kritische Infrastruktur in Lwiw getroffen

Der großflächige russische Luftangriff führte in der Ukraine wieder zu Bränden und Stromausfällen. In der Industriestadt Krywyj Rih im Süden hätten herabfallende Trümmer Heizungs- und Stromnetze beschädigt, teilte der Verwaltungschef des Gebiets Dnipropetrowsk, Serhij Lysak, mit. „Mehrere Heizkraftwerke in der Stadt wurden wegen des Spannungsabfalls abgeschaltet.“ Deshalb seien sechs Krankenhäuser, mehr als 150 Schulen sowie 3.000 Wohnhäuser mit 76.000 Bewohnern vorübergehend ohne Heizung.

m westukrainischen Gebiet Lwiw wurde nach Behördenangaben eine nicht näher bezeichnete Anlage der kritischen Infrastruktur getroffen. „Dort brach ein Brand aus. Feuerwehrleute sind im Einsatz“, schrieb Gebietsgouverneur Maksym Kosyzkyj auf Telegram. Wenige Stunden später bei einem erneuten landesweiten Luftalarm schlugen zwei russische Hyperschallraketen Kinschal an der gleichen Stelle ein, wie Kosyzkyj mitteilte. Die Feuerwehrleute seien rechtzeitig gewarnt worden und hätten sich in Sicherheit gebracht.

Auch über der Hauptstadt Kiew wurden russische Flugobjekte abgefangen. Berichtet wurde aber nur von einem Schaden an einer Gebäudefassade. Nach Zählung der ukrainischen Luftwaffe griff Russland nachts mit 29 Marschflugkörpern der Typen Ch-101 und CH-555 an. Sie seien von 14 strategischen Bombern über dem Wolga-Gebiet abgefeuert worden, teilte Kommandeur Mykola Oleschtschuk mit. Außerdem seien von der annektierten Halbinsel Krim 28 Kampfdrohnen gestartet worden. Die ukrainische Armee habe 18 der Marschflugkörper und 25 Drohnen abgefangen. Die Flugabwehr sei in allen Landesteilen im Einsatz gewesen.

„Massivster Angriff in jüngsten Zeiten“ auf Krim

Es war nach relativer Ruhe seit Jahresbeginn der dritte schwere russische Luftangriff binnen weniger Tage.  Umgekehrt nimmt die Ukraine nach Militärangaben für sich in Anspruch, bei einem nächtlichen Luftangriff auf die Hafenstadt Sewastopol zwei große russische Marineschiffe getroffen zu haben. Es handle sich um die Landungsschiffe „Jamal“ und „Asow“, teilte das Militär am Sonntag in Kiew. Außerdem seien ein Kommunikationsknotenpunkt und andere Einrichtungen der russischen Schwarzmeerflotte getroffen worden, hieß es in einem Telegrampost.

Über einen schweren Luftangriff hatte in der Nacht auch die Stadtverwaltung von Sewastopol auf der seit 2014 von Russland annektierten Halbinsel berichtet. Stadtchef Michail Raswoschajew sprach auf Telegram vom „massivsten Angriff der vergangenen Zeit“, der aber abgewehrt worden sei. In sozialen Medien kursierten nicht verifizierte Videos, die mehrere heftige Explosionen an verschiedenen Stellen von Sewastopol zeigten. Eine unabhängige Bestätigung für die ukrainischen Informationen gab es allerdings nicht. Auch fanden sich im Internet keine Fotos der beschädigten oder zerstörten Schiffe, wie es sonst häufig der Fall ist.

Ukraine setzte mindestens drei Marschflugkörper ein

Anhand der Internetquellen analysierten Experten, dass die ukrainische Armee mindestens drei Marschflugkörper eingesetzt habe, wie Großbritannien und Frankreich sie zur Verfügung gestellt haben. Die Ukraine, die selbst keine funktionsfähige Marine hat, hat in den vergangenen Monaten den Schiffsbestand der russischen Schwarzmeerflotte dezimiert. So wurden mehrere Landungsschiffe für amphibische Operationen ausgeschaltet. Russland nutzte sie zum Transport von Soldaten und Gerät auf die Krim. Die Schiffe hätten aber auch bei einer Landeoperation an der ukrainischen Küste zum Einsatz kommen können.

Krim ist russisches Aufmarschgebiet gegen Ukraine

Für die russische Armee ist die Krim Aufmarschgebiet im Krieg gegen die Ukraine. Über die Halbinsel läuft der Nachschub an Soldaten, Waffen und Munition. Deshalb bemüht sich die Ukraine, russische Militärziele auf der Krim zu zerstören. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj strebt eine Rückeroberung der Halbinsel an.

Das russische Militär nahm seinerseits die ostukrainische Großstadt Charkiw ins Visier. Nach Berichten ukrainischer Medien schlugen im Laufe des Tages mehrere Raketen in der Stadt ein. Dabei kam mindestens ein Mensch ums Leben.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.