Gastkommentar

In Österreich wird es keine Vermögensteuer geben

Peter Kufner
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Weshalb sich zahlreiche Interessengruppen gegen die derzeit diskutierte Wiedereinführung der Vermögensteuer aussprechen.

Derzeit wird viel über die Wiedereinführung der Vermögensteuer diskutiert. Eine solche Vermögensabgabe benötigte vor deren Abschaffung 1993 einen hohen Verwaltungsaufwand und erzielte nur ein geringes Steueraufkommen. Eine ergiebige Vermögensteuer muss daher das gesamte Finanzvermögen und sämtliche Liegenschaften einbeziehen. Auch wenn politisch gewünscht, so sind Ausnahmen von der Besteuerung meist unzulässig, weshalb sich zahlreiche Interessengruppen gegen die Wiedereinführung der Vermögensteuer aussprechen.

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Erträge aus Finanzvermögen werden in Österreich mit einer Kapitalertragssteuer in der Höhe von 27,5  Prozent besteuert, wovon Zinserträge, Dividenden und Wertsteigerungen umfasst sind. Mit der 1993 eingeführten Kapitalertragssteuer gelten sämtliche Steuern auf Finanzvermögen als abgegolten, also nicht nur die Einkommensteuer, sondern auch etwaige Vermögensteuern.

Die Kapitalertragsteuer wurde mit dem Endbesteuerungsgesetz eingeführt, das im Verfassungsrang steht. (BGBl 11/1993) Ein Abgehen von dieser Regelung bedarf daher im Nationalrat der Zustimmung einer Zweidrittelmehrheit der Abgeordneten, was politisch schwer zu erreichen ist. Eine Vermögensteuer ohne Einbeziehung des Finanzvermögens lohnt sich aber kaum.

Großer Verwaltungsaufwand

Grund und Boden werden regelmäßig zum Einheitswert bewertet, der auch für die Bemessung einiger Steuern herangezogen wird. Der Einheitswert ist generell wesentlich niedriger als der tatsächliche Marktwert einer Liegenschaft und müsste daher aufwendig aktualisiert werden. Der Verfassungsgerichtshof hob die früher gegoltene Erbschaftssteuer 2007 auch deshalb auf, da der Einheitswert als Steuerbasis zu unzulässigen Ungleichheiten führte. (VfGH 54/06) Bei der Neueinführung der Vermögensteuer müssten sämtliche Liegenschaften neu bewertet werden, was zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand führt. Der Aufwand einer solchen Neubewertung steht volkswirtschaftlich in keiner Relation zu den zu erwartenden Einnahmen aus der Vermögensteuer.

Die Preise für landwirtschaftlich genutzte Flächen werden durch detaillierte Grundverkehrsgesetze künstlich niedrig gehalten und schützen unsere Bauern. Landwirte benötigen große Flächen, um ausreichend Ertrag erwirtschaften zu können. Eine Vermögensteuer unter Einbeziehung von Grund und Boden müsste aber jedenfalls auch die landwirtschaftlich genutzten Flächen mit einbeziehen, und zwar zu realen Marktwerten. Das würde die Landwirtschaft besonders hart treffen, die Bauern von der Vermögensteuer auszunehmen ist aber verfassungsrechtlich bedenklich.

Unternehmen halten oft erhebliche Sachwerte im Betriebsvermögen, das durch eine Vermögensteuer unabhängig vom Ertrag besteuert wird. Unternehmen mit großen Investitionswerten werden somit durch eine Vermögensteuer unverhältnismäßig belastet, was volkswirtschaftlich kontraproduktiv ist: Gerade hohe Investitionen in Industriebetriebe erhöhen das Bruttonationalprodukt überproportional gegenüber weniger kapitalintensiven Betrieben wie etwa dem Dienstleistungssektor. Eine statische Besteuerung von Anlagevermögen unabhängig vom daraus erwirtschafteten Ertrag ist volkswirtschaftlich nicht sinnvoll.

Bund, Länder und Gemeinden handeln teils in Erfüllung ihrer hoheitlichen Aufgaben, teils privatwirtschaftlich. Die Stadt Wien etwa betreibt unter der Wien Holding zahlreiche privatwirtschaftliche Unternehmen und stellt auch in großem Umfang Wohnraum zur Verfügung. Unternehmerische Tätigkeiten einer Gebietskörperschaft sind in steuerlicher Hinsicht mit der Privatwirtschaft gleichgestellt.

Keine Ausnahme für Wien

Die EU führt in einer Richtlinie (2006/112/EG) detailliert aus, welche Gebäude einer Gebietskörperschaft als hoheitlich genutzt gelten, also etwa amtliche Verwaltungsgebäude, Einrichtungen des Gesundheitswesens oder Bauten für den Bildungssektor.

Nach der EU-Richtlinie gelten Gebäude, die für soziale Zwecke verwendet werden, ausdrücklich nicht als hoheitlich genutzt, die Stadt Wien müsste daher für sämtliche Gemeindewohnungen auch Vermögensteuern abführen. Die Stadt Wien hält etwa 220.000 Gemeindewohnungen und besitzt weitläufige landwirtschaftlich genutzte Flächen in Niederösterreich und wäre daher von einer Vermögensteuer besonders betroffen. Eine Ausnahme der Stadt Wien von der Vermögensteuer ist aber nach den EU Vorgaben nicht zulässig.

Ähnlich den Gebietskörperschaften ist auch bei den Religionsgemeinschaften zwischen einer Vermögensnutzung zur Ausübung der Religion und einer privatwirtschaftlichen Nutzung zu unterscheiden. Die katholische Kirche ist nicht nur Eigentümer zahlreicher Kirchen und Klöster, sondern besitzt auch große forst- und landwirtschaftlich genutzte Liegenschaften, die auch einer Vermögensteuer unterliegen.

Der Fokus des Fiskus

Eine Vermögensteuer würde die katholische Kirche daher erheblich belasten und wohl auch gegen die Grundprinzipien des Konkordats verstoßen. Ausnahmen zur Vermögensteuer für Religionsgemeinschaften sind jedoch verfassungsrechtlich bedenklich.

Menschen in Österreich erwarten einen Anspruch aus der Pensionsversicherung oder sparen selbst für ihre Altersvorsorge. Steuerlich ist zwischen einem Pensionsvertrag und eigenständigem Sparen für die Altersvorsorge nicht zu unterscheiden. Wenn also Sparguthaben einer Vermögensteuer unterliegen, fallen auch Pensionsansprüche darunter. Nahezu jeder erwerbstätige Österreicher besitzt einen Pensionsanspruch, der entsprechend zu versteuern wäre. Und für einen künftigen Pensionsanspruch wäre bereits heute eine Vermögensteuer zu bezahlen.

Eine reine Substanzbesteuerung führt in wirtschaftlich unruhigen Zeiten zu Ungerechtigkeiten: Steigt die Inflation und erhöht die Zentralbank die Leitzinsen, so erhöht sich nominal auch der Ertrag des Finanzvermögens. Bei Zinserträgen von über vier Prozent wird ein Steuerschuldner wenig Probleme haben, eine Vermögensteuer von einem Prozent abzuführen. Bei niedrigen Zinsen aber kann auch eine geringe Vermögensteuer nicht aus dem Ertrag erwirtschaftet werden, und so muss jährlich ein Teil des Vermögens veräußert werden, was einer Enteignung gleichkommt. Deshalb konzentriert sich der Fiskus auf die Besteuerung der Kapitalerträge: Immerhin werden Erträge aus Finanzvermögen mit einer Kapitalertragsteuer mit fast einem Drittel besteuert.

Unzulässige Enteignung

Eine Vermögensteuer als direkter Eingriff in die Unverletzlichkeit des freien Eigentums birgt stets die Gefahr einer rechtlich unzulässigen Enteignung. Die Einführung einer Vermögensteuer bleibt also komplex, und politisch gewollte Ausnahmen sind verfassungsrechtlich bedenklich. In Deutschland wurden die Bestimmungen zu den Erbschafts- und Vermögensteuern in den letzten Jahren dreimal vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben. In Österreich wird es keine Vermögensteuer geben.

DER AUTOR

Dr. Christoph Kerres (*1959) ist Rechtsanwalt in Wien und Attorney at Law in New York. Berater von Familien und Unternehmen insbesondere im Bereich Privatstiftungen, Unternehmensrecht und Erbrecht. Autor zahlreicher juristischer Artikel.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

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