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Der Brückeneinsturz von Baltimore hätte noch schlimmer ausgehen können

Die Trümmer der Key Bridge: Das Containerschiff Dali, unter der Flagge Singapurs, prallte in einen ihrer Pfeiler.
Die Trümmer der Key Bridge: Das Containerschiff Dali, unter der Flagge Singapurs, prallte in einen ihrer Pfeiler.AFP/Getty Images
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In Baltimore, im US-Bundesstaat Maryland, kam es zu einem schweren Unfall: Das Containerschiff Dali rammte die fast drei Kilometer lange Key Bridge - nicht ohne vorher noch ein Notsignal abgesendet zu haben. Die Brücke brach zusammen. Mehrere Arbeiter stürzten in den Fluss.

New York/Baltimore. Es ist 1.28 Uhr am Morgen, als eine Livestream-Kamera die letzten Bilder der intakten Key Bridge aufnimmt. Sekunden später fällt die Brücke Stück für Stück in sich zusammen, landet krachend im Patapsco-Fluss. Auf den Aufnahmen wirkt die Brücke nicht wie ein fast drei Kilometer langer Koloss, eine der längsten ihrer Art, sondern wie ein filigranes Holzgerüst.

Ein Containerschiff hatte die Key Bridge gerammt. Die Feuerwehr von Baltimore im Bundesstaat Maryland, unweit von Washington, D. C., sprach am Dienstagmorgen von einem „mass casualty event“, einem Vorfall mit vielen Verletzten.

Mehrere Personen dürften sich während des Kollaps auf der Brücke befunden haben, darunter acht Arbeiter, die Schlaglöcher auf der Fahrbahn ausbessern sollten. Zwei der Arbeiter wurden am Dienstagmorgen gerettet, einer von ihnen in lebensbedrohlichem Zustand. Nach sechs weiteren wurde Stand Dienstagmittag Ostküstenzeit noch im eiskalten Wasser des Flusses gesucht.

Das Frachtschiff „Dali“ krachte in einen Brückenpfeiler, woraufhin die Kilometerlange Brücke einstürzte.
Das Frachtschiff „Dali“ krachte in einen Brückenpfeiler, woraufhin die Kilometerlange Brücke einstürzte.Getty Images / Tasos Katopodis

Stromausfall vor Kollision

Was sich Dienstagnacht genau am Patapsco abgespielt hatte, war auch Stunden nach dem Zusammenbruch der Brücke nicht ganz klar. Das Schiff, die rund 300 Meter lange Dali, war unter der Flagge Singapurs nach Sri Lanka unterwegs; vor dem Stopp in Baltimore hatte sie auch in New York und Norfolk, Virginia, angelegt. Davor hatte sie den Panamakanal passiert.

Wes Moore, Gouverneur von Maryland, sagte bei einer Pressekonferenz am Dienstagvormittag, dass es auf der Dali vor der Kollision zu einem Stromausfall gekommen sei. Die Geschwindigkeit des Schiffes, so Moore, sei „sehr, sehr hoch“ gewesen, als es zu dem Zusammenstoß kam. Die Crew setzte ein Notsignal ab; daraufhin hätten Arbeiter den Verkehr auf der Brücke gestoppt.

Moore sprach von einer Heldentat. Tatsächlich dürften keine Fahrzeuge im Fluss gelandet sein – bis auf die Wagen der Brückenarbeiter. Rettungskräfte haben diese bereits geortet. Insgesamt seien die Bedingungen für die Rettungskräfte aufgrund der Wassertemperatur alles andere als ideal.

Crew blieb unverletzt

Die Mannschaft des Schiffs dürfte auch nach dem Aufprall Probleme gehabt haben, die Dali unter Kontrolle zu halten. Die 24 Crewmitglieder der Dali blieben bei dem Aufprall unverletzt. Das teilte der Betreiber des Schiffes mit, die Grace Ocean Private Limited, ein Unternehmen mit Sitz in Singapur, das wiederum der Synergy Marine Group gehört. Ein Reporter der „Washington Post“ fand das Büro der Synergy Group in Singapur am Dienstagabend Ortszeit beinahe verlassen vor: Nur zwei Mitarbeiter waren dort, die angaben, dass man an dem Tag geschlossen habe.

Zuletzt war die Dali vom Logistikgiganten Mærsk gechartert. Das Unternehmen zeigte sich am Dienstag „schockiert“ und gab an, keine eigenen Mitarbeiter an Bord der Dali gehabt zu haben. Das Schiff war 2015 in Südkorea gebaut worden.

Gouverneur Moore meinte am Dienstag, dass alles auf einen Unfall hindeute – und nicht auf einen Terroranschlag, wie zuvor auch spekuliert worden war. Dafür gebe es bisher keine Belege, sagte Moore. Die Bundesermittlungsbehörde FBI war am Dienstag bei den Rettungsarbeiten anwesend und beteiligte sich an den Ermittlungen.

Von de Francis-Scott-Key-Bridge in Baltimore blieb nicht viel übrig.
Von de Francis-Scott-Key-Bridge in Baltimore blieb nicht viel übrig.Getty Images / Tasos Katopodis

Wichtiger Handelshafen

Die Key Bridge – benannt nach dem Texter der US-Hymne „The Star-Spangled Banner“, Francis Scott Key – war ein wichtiges Element der Infrastruktur des Bundesstaats. Sie war unter anderem eine wichtige Transportroute für gefährliches Material, das etwa nicht durch Tunnel geführt werden darf.

Als die Brücke in den 1970er-Jahren erbaut wurde, galt sie als Kronjuwel der Ingenieurskunst. 47 Jahre später orteten manche allerdings Mängel an der Stahlstruktur. US-Medien zitierten Experten, die auf strukturelle Schwächen der Brücke hinwiesen.

Auch das Kollisionsfrühwarnsystem, das die Key Bridge besaß, dürfte zwar funktionstüchtig gewesen sein, aber schlicht nicht ausgereicht haben, um das Unglück zu verhindern. Das Tempo und die Größe der Dali dürften eine große Rolle bei dem Zusammenbruch der Brücke gespielt haben: Unter diesen Vorzeichen sei ein Einsturz der Struktur schlicht unausweichlich gewesen, hieß es am Dienstag.

Baltimores Hafen ist dabei einer der wichtigsten der USA, geht es um die Verlandung von Autos und Kleinlastwagen. Beobachter erwarten, dass es durch den Fall der Brücke und der damit einhergehenden Hafensperre zu Verzögerungen in Lieferketten kommen wird.

Auch Kreuzfahrtschiffe, etwa jene der Norwegian Cruise Line und von Royal Caribbean, legen in Baltimore an.

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